Zwangsferien für Kitakinder

Fast die Hälfte aller kommunalen Kitas verlängern ihre Schließzeiten über Weihnachten. Schuld daran ist der Tarifvertrag, der die Arbeitszeiten der ErzieherInnen verkürzt hat

Weihnachtsurlaub ist schön – allerdings nur, wenn er freiwillig genommen wird. Nicht so wie in rund 400 städtischen Kitas, die in diesem Jahr rund um Weihnachten länger schließen als sonst. Dadurch kommen die Eltern in Bedrängnis, die noch keinen Urlaub haben und jetzt nicht wissen, wie und wo sie ihre Kinder an den letzten Tagen vor Weihnachten betreuen lassen sollen. „Mit diesen Zwangsferien werden die Eltern einfach im Stich gelassen“, kritisiert Sascha Steuer, jugendpolitischer Sprecher der CDU. Auch von den Grünen kommt deutliche Kritik an den verlängerten Schließzeiten.

Grund für die Zwangspause der Kitas sind die neuen Arbeitszeitregelungen, die der Senat schon im Sommer mit den ErzieherInnen vereinbart hat. Danach wird die wöchentliche Arbeitszeit der BetreuerInnen um 10 Prozent gekürzt, zusätzlich stehen ihnen weitere zwei freie Tage zu. „Der Tarifvertrag ist im Sommer ausgehandelt worden“, kritisiert auch Elfi Jantzen, sozialpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen. Seit diesem Zeitpunkt sei klar gewesen, dass es zu Engpässen bei der Versorgung der Kitas kommen könne. „Man hätte die jetzige Situation verhindern können, wenn man früher Vorsorge getroffen hätte.“

Auch im Senat für Jugend, Schule und Sport weiß man, dass die Personalsituation in den Kitas wegen des Tarifvertrags momentan schwierig ist. Schulsenator Klaus Böger (SPD) verwies aber am Freitag darauf, die Betreuung der Kinder sei gesichert. Die durch den Tarifvertrag und den Freizeitausgleich entstandene Lücke werde kontinuierlich durch Neueinstellungen beziehungsweise durch den Überhang geschlossen. Bislang sind von den vorgesehenen 388 Stellen allerdings erst rund 100 besetzt.

Der Schulverwaltung ist zudem klar, dass der Bedarf mit den 388 Stellen längerfristig nicht gedeckt werden kann. Mitte Januar findet deshalb ein Gespräch zwischen Böger, der Finanzverwaltung und den Jugendstadträten statt, in dem der tatsächliche Bedarf an weiteren Stellen geklärt und einheitliche Regelungen für alle Bezirke geschaffen werden sollen.

Nach Berechnungen der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) fehlen derzeit ungefähr 700 bis 800 zusätzliche Stellen. Die Senatsverwaltung hingegen schätzt den Bedarf auf rund 360 Stellen. Wenn sich die Kitas besser organisierten, könnten die Arbeitszeitverkürzungen aufgefangen werden.

Wie die zusätzlichen Stellen bezahlt werden sollen, ist unklar. Denn Finanzsenator Thilo Sarrrazin (SPD) hat bisher keine Bereitschaft signalisiert, mehr Geld für ErzieherInnen zu bewilligen. Im Gegenteil: Er lässt prüfen, wie viele Kinder ganztags betreut werden und wie viele ErzieherInnen dafür zur Verfügung stehen.

SUSANNE AMANN