Werbepause: Caravaning

Wer nicht genau weiß, was das Stichwort „White Trash“ bedeutet, der sollte einfach mal die US-Serie „Roseanne“ anschauen. Da lernt man alles, was man über die amerikanische Unterschicht wissen muss. Und man ahnt, auf wen Rosie herabschaut, der ist so weit unten, dass ihn nichts mehr retten kann. So einen Tiefpunkt erreicht ausgerechnet die älteste Tochter: an dem Tag, an dem sie in einen Wohnwagen zieht.Diesen amerikanischen Traum will die Firma „Caravaning“ jetzt auch in der deutschen Mittelschicht etablieren. Auf den ersten Blick sieht die Werbung nach klassischem Urlaub eines gehoben verdienenden Paares leicht gehobenen Alters aus: im Vordergrund ein gepflegter Hund („Unser Fitnesstrainer“), im Hintergrund das Loire-Schloss Chambord („Unser Kulturprogramm“). Gut, es gibt eine neue Bescheidenheit, da die Szene immerhin nicht vor dem Festspielhügel in Bayreuth spielt und der Fitnesstrainer so gar keine Ähnlichkeit mit dem der schwedischen Thronfolgerin hat, aber insgesamt wirkt noch alles recht moderat. Erschreckend allein: „Unsere Vollpension“. Das silberne Ungetüm, für das hier Mut gemacht wird. So wird Werbung zum Suchbild: Was passt hier nicht rein? Ist der Versuch, das Reisen im Wohnmobil mit dem Schlagwort „Caravaning“ exotisch zu machen, ein Zeichen? Hat die Krise das Bürgertum erreicht? Sollen sich klamme Rentner schon mal an den Trailer Park gewöhnen? Nein. Im Gegenteil, weiß die Webpage: „Für die Freizeitform Caravaning braucht man Zeit und Geld. Beide Faktoren kommen in den meisten Lebensläufen erst jenseits der 50 zusammen. Caravaning ist längst nicht mehr ‚Arme-Leute-Urlaub‘. Caravaning-Fans sind heutzutage Überzeugungstäter.“ Schreibt, was ihr wollt. Die Gentrification des Wohnwagens dürfte ein weites Feld werden. JUDITH LUIG Foto: Archiv