unterm strich
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Die Suhrkamp-Saga aus der Frankfurter Lindenstraße geht planmäßig weiter. Nun haben die fünf Mitglieder des Suhrkamp-Stiftungsrats genau die Konsequenz gezogen, die die Buchwelt nach dem erfolgten Machtkampf bei Suhrkamp als die einzig mögliche ansah: Sie sind zurückgetreten. In der Erklärung von Jürgen Habermas, Wolf Singer, Alexander Kluge, Hans Magnus Enzensberger und Adolf Muschg heißt es, die Entscheidungen über die Leitungsstruktur im Verlag seien „ohne unsere Mitwirkung und entgegen unserem Rat gefallen“. Wie wahr: Hatte sich die Unseld-Witwe Ulla Berkéwicz doch nicht vorher Rat suchend an eine der fünf intellektuellen Autoritäten gewandt, als sie sich selbst zur Geschäftsführerin machte, und hat sich, dem Wortlaut dieser Erklärung nach, um den dann erfolgten Rat nicht mehr geschert. Als Günter Berg seinen Hut nahm (oder nehmen musste), wurde der Stiftungsrat schließlich überhaupt nicht mehr konsultiert. Folglich erklärt der Stiftungsrat: „Für die Folgen einer Entwicklung, auf die wir im Rahmen der eng beschränkten Befugnisse des Stiftungsrates keinen Einfluss haben, können wir keine Verantwortung übernehmen.“ So zitiert zwar die unermüdlich gegen Ulla Berkéwicz kämpfende und sich um das Wohl der „kritisch-engagierten Unbestechlichkeit“ der Suhrkamp-Kultur sorgende SZ in ihrer gestrigen Ausgabe den Suhrkamp-Anwalt Heinrich Lübbert, der vor Jahresfrist gesagt haben soll, „im Extremfall könne der Stiftungsrat den Stiftungsvorstand, also Ulla Berkéwicz, abberufen und über die Neubesetzung entscheiden“. Doch so weit wollte der Stiftungsrat um Habermas und Co. seine Kompetenz nie ausdehnen: „Kontinuität, Ruf und literarischen Anspruch des Suhrkamp-Verlags zu wahren, zu fördern und ungeschmälert zu erhalten“, wie es die Satzung vorsieht, und der totale Machtkampf – das beides haben die fünf nicht auf Reihe bekommen. Fakt ist, dass nun Siegfried Unselds Drei-Säulen-Nachfolgemodell völlig hinfällig geworden ist. Die Nachfolger dieses Stiftungsrats, der sein Mandat bis zum 1. März 2004 ausüben will, bestimmt, na, wer wohl: Ulla Berkéwicz als eigentliche Vorsitzende des Stiftungsrats. GBA