20.000 Studenten demonstrieren in Berlin

Die Proteste an Universitäten in ganz Deutschland richten sich nicht mehr nur gegen Kürzungen, sondern auch gegen das Vorziehen der Steuerreform

BERLIN taz ■ „Spar Wars“ – die Proteste von Studentinnen und Studenten gegen die geplanten Kürzungen im Landeshaushalt Berlins haben ein Schlagwort bekommen. Auf dem Potsdamer Platz versammelten sich gestern rund 20.000 Studierende, um gegen die geplanten Kürzungen im Hochschuletat zu protestieren. Aufgerufen zur Kundgebung hatten Studentensprecher von den drei Universitäten der Stadt. Ab 2006 sollen die Hochschulen 75 Millionen Euro einsparen.

Die Großdemonstration der Studenten hatte das Rote Rathaus als Ziel. Sprecher der Studierenden zeigten sich über den Zuspruch bei ihren Kommilitonen zufrieden: „Wir werden kontinuierlich mehr“, sagt einer Mitorganisatoren. Erst am Morgen war die Besetzung der PDS-Zentrale durch rund 100 Studenten zu Ende gegangen. Vertreter der Berliner Regierungspartei hatten die Nacht über mit den Studierenden über die Hochschulpolitik diskutiert.

Bei der Eröffnung der weltweit 165. Ikea-Filiale in Tempelhof stellten die protestierenden Akademiker die vergleichsweise hohen Ausgaben Schwedens für sein Bildungssystem heraus: Seien es dort 7,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP), gebe die Bundesrepublik nur 4,7 Prozent des BIP für Bildung aus. Der Geschäftsführer des Möbelmarktes solidarisierte sich mit den Studierenden und verschenkte Ikea-Stoff-Elche.

Solidarität demonstrierten auch die Bündnisgrünen – untereinander: Die Abgeordneten steckten sich Buttons mit der Aufschrift UNIWUT an. Mitglieder der grünen Studentenvertretung sagten, die Stadt könne mit legal verkauftem Cannabis 40 Millionen Euro einnehmen.

Auf Empörung stieß der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mit seiner Bemerkung, man sei leider in Berlin noch nicht so weit, Studiengebühren einzuführen.

Um die Kürzungen, Studiengebühren und auch um das geplante Vorziehen der Steuerreform kristallisieren sich die Proteste von Studenten in ganz Deutschland. Ein Sprecher des Freien Zusammenschlusses von Studentenschaften (fzs) erklärte: „Wenn die Steuerreform vorgezogen wird, werden die Hochschulen noch weniger Geld bekommen.“

Auch in anderen deutschen Städten wurde protestiert: In Hamburg räumte die Polizei eine Demonstration von rund 150 Studenten vor dem Rathaus. Proteste gab es auch in Wiesbaden, Kassel, Gießen, Marburg und München, wo in der Nacht zum Donnerstag Vorlesungen im Audimax gehalten wurden. Für den 11. oder 13. Dezember ist ein bundesweiter Aktionstag der Studenten geplant. GES

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