Fatalismus und Hoffnung

SYSTEMFRAGE Gewünscht ist ein menschlicher Kapitalismus. Nur wie der gehen soll, weiß keiner

VON VALENTIN ADE

30 Jahre nachdem die taz sich aufmachte, die Welt umzukrämpeln, müssen die taz-Kongress-Teilnehmer in der Wirtschaftskrise feststellen, dass es keinen Gegenentwurf zum jetzigen System gibt. Ratlose Gesichter blicken einen an, wenn man am vergangenen Wochenende im Haus der Kulturen die Frage stellte, was nun?

„Das kapitalismuskritische Lager hat ja selbst kaum Antworten“, sagt Spiegel-Online-Korrespondent Yassin Musharbash. Die alte Tante Kommunismus bemüht jedenfalls niemand mehr. Ein Problem ist, dass Hergang und Komplexität dieser gefühlten schlimmsten aller Krisen den meisten verschlossen bleiben. „Sie wird wahrgenommen wie eine Naturkatastrophe, auf die man keinen Einfluss hat“, zeigt sich Musharbash ratlos.

Doch Untergangsstimmung kommt nur vereinzelt auf. Die meisten sehen Chancen, durch die Krise zu einer Umgestaltung der Marktwirtschaft zu gelangen. Evolution statt Revolution, lautet dabei die Devise. „Ein System, in dem die Wirtschaft den Menschen und nicht die Menschen der Wirtschaft dienen“, formuliert der Islamwissenschaftler und Publizist Tariq Ramandan die Hoffnung vieler. Der Wunsch ist klar: ein Kapitalismus mit menschlichem Antlitz. Nur wie? Die Utopie steht, der Weg ist unbekannt. Eine Mischung aus Fatalismus, Zweckoptimismus und der Hoffnung auf eine gerechtere Welt begleitet die Kongressteilnehmer, wohl wissend, dass uns das dicke Ende der Krise noch bevorsteht.