Protest gegen Islamisten-Aufmarsch

Am „Al-Quds-Tag“ wird auch in Berlin wieder gegen die „zionistische Besatzungsmacht“ Israel demonstriert. Nun gibt es erstmals breite Kritik an dem Ritual. Prominente wie Lea Rosh und Cem Özdemir warnen vor „aggressivem Antisemitismus“

Grünen-Politiker: „Wir dürfen nicht zusehen, wie Hassparolen verbreitet werden“

aus Berlin ANDREAS SPANNBAUER

Sie marschieren für die Vernichtung Israels und propagieren den „Aufstand der Muslime der Welt gegen den Zionismus“. Am kommenden Freitag, dem so genannten „Al-Quds-Tag“, wollen rund tausend Demonstranten gegen die „zionistische Besatzungsmacht“ und den „amerikanischen Imperialismus“ auf die Straße gehen. Schauplatz der Demonstration aber ist nicht etwa Beirut oder Ramallah, sondern Berlin. Schon zum neunten Mal feiern islamische Gruppen aus ganz Deutschland dort den „Tag von Jerusalem“.

Jetzt jedoch regt sich erstmals heftiger Protest gegen die Veranstaltung. Mehr als 150 teils prominente Persönlichkeiten wenden sich gegen den Aufmarsch der Islamisten. „Es wäre ein Skandal, wenn dieser aggressiv demonstrierte Antisemitismus und die Vernichtungsdrohung gegen Israel weiterhin ignoriert oder gar akzeptiert würden“, heißt es in einer Erklärung. Unter den Unterzeichnern sind unter anderem die Malerin Bärbel Bohley, der ehemalige grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir, der Schriftsteller Lutz Rathenow, die Initiatorin des Holocaust-Mahnmals, Lea Rosh, sowie die PDS-Bundestagsabgeordnete Petra Pau. Auch mehrere Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Berlin unterstützen die Erklärung.

Ins Leben gerufen wurde der Al-Quds-Tag 1979 von dem iranischen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini. Einmal jährlich, jeweils am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan, sollten die Muslime damit ihren Anspruch auf Jerusalem und Palästina zum Ausdruck bringen. Noch 1999 habe Chomeinis Nachfolger Ajatollah Ali Chamenei die „Zerschlagung und Vernichtung des zionistischen Staates“ als Anliegen des Al-Quds-Tages ausgegeben, warnt das Gegenbündnis, das von der Vorsitzenden der Berliner Antonio-Amadeu-Stiftung gegen rechte Gewalt, Annetta Kahane, initiiert worden ist. Auch auf den Straßen Berlins verlangten die Islamisten in den letzten Jahren immer wieder „Tod für Israel“. Die Gegner des Al-Quds-Tages zitieren eine weitere Kostprobe: „Israel kennt keine Scham, doch wird siegen der Islam!“

„Gerade nach den Terroranschlägen von Istanbul dürfen wir nicht zusehen, wie diese Hassparolen verbreitet werden“, warnte auch Öczan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, gegenüber der taz. Es sei „ein Problem, wenn auf deutschem Boden offen nach Gewalt gerufen wird“. Der Grünen-Politiker hält es inzwischen für angebracht, „über ein Verbot der Demonstration nachzudenken, wenn eine bestimmte Grenze überschritten wird“.

Auch die Sicherheitsbehörden rüsten sich für den Aufmarsch. Claus Guggenberger, Sprecher des Berliner Verfassungsschutzes, sagte der taz, dass „auch dieses Jahr wieder Anhänger der Hisbollah an dem Aufmarsch teilnehmen werden“. Die Demonstranten seien in der Vergangenheit „fast ausschließlich Islamisten“ gewesen. Für ein Verbot der Demonstration reiche dies jedoch nicht aus, da „keine schweren strafrechtlichen Vergehen“ aus dem Zug zu erwarten seien.

Auch Berlins Polizeipräsident Dieter Glietsch ging in den letzten Tagen davon aus, dass die Demonstranten auch dieses Jahr beleidigende oder volksverhetzende Parolen rufen werden – allerdings überwiegend auf Arabisch. Die Polizei will daher wieder mit mehreren Dolmetschern vor Ort sein. Wegen der öffentlichen Kritik haben die Veranstalter inzwischen ihre Pläne geändert. Sie wollen nun lediglich einen Schweigemarsch durchführen.