Kerry ist der gemäßigtere Bush

Der eine hat was gegen die Homoehe, der andere will massiv klonen lassen – doch bei nationaler Sicherheit und beim Klimaschutz sind sich beide nahe

AUS WASHINGTONBERND PICKERT

Homoehe

George W. Bush hat vergeblich versucht, im Kongress einen Verfassungszusatz verabschieden zu lassen, der die Legalisierung von Homoehe unmöglich gemacht hätte, hat sich inzwischen in Interviews dahingehend geäußert, dass er dafür ist, den Bundesstaaten zu erlauben, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften Rechte einzuräumen, den Begriff der Ehe aber schützen will.

John Kerry hält nichts von der Homoehe, war aber strikt gegen den von Bush vorgeschlagenen Verfassungszusatz, da der Bund sich dort nicht einzumischen habe. Er ist dafür, den Bundesstaaten die Möglichkeit zu geben, gleichgeschlechtliche Partnerschaften mit eheähnlichen Rechten auszustatten.

Schusswaffenbesitz

Bush steht zum verfassungsmäßig garantierten Recht auf Waffenbesitz und will die Waffenhersteller vor Klagen von Waffenopfern schützen. Rhetorisch unterstützt Bush eine Neuauflage des Verbots bestimmter Schnellfeuerwaffen und die Kontrolle des Waffenverkaufs auch bei Gun Shows, tatsächlich hat er dafür nichts getan.

Kerry steht auch zum Recht auf Waffenbesitz, ist aber gegen die generelle Immunität von Waffenherstellern bei Zivilklagen von Opfern. Er unterstützt eine Neuauflage des Verbots bestimmter Schnellfeuerwaffen, die Verkaufskontrolle bei Gun Shows und zwingend vorgeschriebene Kindersicherungen.

Todesstrafe

Bush ist vehement für die Todesstrafe, unterzeichnete als Gouverneur von Texas eine Rekordzahl von Todesurteilen.

Kerry sagt, er sei gegen die Todesstrafe, außer für Terroristen.

Abtreibung

Bush ist vehement gegen Abtreibungen und hat die öffentliche Finanzierung für Familienplanungsprogramme gestoppt, die das Recht auf Abtreibungen einschließen oder einschließen könnten, er würde für den Obersten Gerichtshof Richter nominieren, die das Recht auf Abtreibung zurücknehmen würden.

Kerry unterstützt das Recht auf Abtreibung einschließlich öffentlicher Finanzierung. Er hat erklärt, keinen Richter zu ernennen, der dieses Recht zurückschrauben würde, und unterstützt öffentliche Finanzierung für Familienplanungsprogramme, mitunter hadert Kerry mit seiner eigenen, katholischen, Kirche.

Irak

Bush hat den Krieg angezettelt, eingebettet in ein aggressives außenpolitisches Programm der Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens, das er unter den Schlagworten Demokratisierung und Antiterrorkrieg verkauft. Er besteht auf den Wahlen im Irak im Januar und ist gegen Truppenabzug „bevor der Job erledigt ist“.

Kerry hat für den Krieg gestimmt und sich erst bei den Vorwahlen als Antikriegskandidat präsentiert, er will beim Wiederaufbau des Irak einen „neuen Start“, vor allem mit Hilfe der von Bush verprellten Alliierten. Er sagt, dass zu wenig US-Truppen im Irak sind, behauptet aber in Interviews, keine weiteren Truppen schicken zu wollen.

Stammzellenforschung

Bush lehnt die öffentliche Förderung für Stammzellenforschung und das so genannte therapeutische Klonen ab, hat jedoch widerwillig Forschung an existierenden Stammzelllinien zugelassen. Er steht im Widerspruch zu vielen US-Wissenschaftlern und zum kalifornischen Gouverneur Schwarzenegger.

Kerry unterstützt massiv die Stammzellenforschung, will sie fördern und ausbauen, verspricht im Wahlkampf große therapeutische Fortschritte bei der Behandlung unheilbarer Krankheiten, was durch den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht gedeckt ist.

Umweltpolitik

Bush hat das Kioto-Protokoll über internationalen Klimaschutz abgelehnt. Ist schon im letzten Wahlkampf mit dem Vorschlag angetreten, die Naturschutzgebiete Alaskas für die Ölförderung zu öffnen. Er hat keine Initiative gezeigt, den Energieverbrauch der USA zu senken, oder den CO2-Ausstoß zu kontrollieren. Treuer Freund der Öl- und Autoindustrie.

Kerry würde das Kioto-Protokoll auch nicht unterzeichnen, verspricht aber Initiativen zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien und zur Energieeffizienzsteigerung. Er ist gegen Ölförderung in Alaska und will 20 Milliarden Dollar, finanziert aus den Gewinnen der Öl- und Gasindustrie, in die Entwicklung umweltfreundlicher Energien stecken.

Vereinte Nationen

Bush kommt aus der Denkschule, die die UN für eine überflüssige und lästige Institution hält, die nur die Interessen der USA beschneiden will, er hat sich aus internationalen Abkommen zurückgezogen (z. B. Internationaler Strafgerichtshof) und hat 2002 vor der UN-Vollversammlung erklärt, die UNO folge entweder den USA in den Irakkrieg oder sie werde „irrelevant“.

Kerry glaubt grundsätzlich an Nutzen und Wirksamkeit internationaler Abkommen und multilateraler Zusammenarbeit und betont die Bedeutung internationaler Allianzen für einen „intelligenten“ Krieg gegen den Terror. Er hat dennoch im Wahlkampf stets erklärt, er werde Entscheidungen der nationalen Sicherheit nicht dem Veto anderer überlassen.

Steuern

Bush hat in jedem Regierungsjahr Steuersenkungen unterzeichnet, einschließlich einer 1,35-Billionen-Steuersenkung bis 2011, er will die Senkungen, die vor allem den reichsten fünf Prozent der Gesellschaft zugute kommen, verstetigen – trotz eines staatlichen Rekorddefizits von über 400 Milliarden Dollar.

Kerry will die Steuersenkungen für Einkommen über 200.000 Dollar pro Jahr zurücknehmen und das Defizit innerhalb von fünf Jahren um die Hälfte senken. Er hat im Wahlkampf versprochen, ansonsten keine neuen Steuern erheben zu wollen – wird das aber angesichts der sich verschärfenden Finanzmisere kaum durchhalten können.