schule verdrängt kultur
: Hofgeschichten

Der Innenhof wirkt fast märchenhaft. An den alten Fassaden haben sich Rankpflanzen ihren Weg gebahnt. Über dem neu gedeckten Dach wird der kleine Turm von morgendlicher Frühlingssonne angestrahlt. Kinderlachen kann man sich im Außenbereich des behüteten Eliashofs an der Senefelderstraße gut vorstellen. Der Gebäudekomplex im Prenzlauer Berg war bis 2000 die Struwwelpeter-Grundschule – ab dem Schuljahr 2010/2011 soll er wieder als Lernstätte für die Kleinen dienen.

Der Beschluss wurde vergangene Woche in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow gefasst. „Betrachtet man die Entwicklung zwischen 2000 und 2012, dann hat sich die Zahl der Kinder hier im Kiez verdoppelt“, sagte Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD), Bezirksstadträtin für Gesundheit und Soziales in Pankow. Als einziger und idealer Schulstandort biete sich im Einzugsgebiet der Eliashof an, so Zürn-Kasztantowicz weiter.

Doch nicht alle im Kiez sind froh über die zusätzlichen Grundschulplätze. Kulturprojekte wie das Kinder- und Jugendtheater Murkelbühne, die Musikwerkstatt Klangschmiede und das Kasperletheater Prenzlkasper müssen der vorerst zweizügigen Schule weichen. Mit Puppenbühne, Theaterräumen und Bastelwerkstätten haben sie sich liebevoll in den Räumen eingerichtet und den Eliashof als Kulturstätte etabliert. Investitionen in Höhe von 1,2 Millionen Euro wurden für die Projekte getätigt – letztendlich teilweise umsonst. So kann die neue Tanzhalle von Grundschülern nur begrenzt genutzt werden, da bestimmte Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten werden können. Für den Sportunterricht müssen die Schüler in andere Hallen ausweichen.

Eine Lösung für die Kulturprojekte ist nicht in Sicht. „Es gibt zu wenig Gebäude und keine verfügbaren Grundstücke. Außerdem hat Pankow kein Geld“, so Zürn-Kasztantowicz. Räume am Ernst-Thälmann-Park stehen zur Diskussion. Bei dort ansässigen Einrichtungen wie der Veranstaltungsstätte Wabe stößt das auf Ablehnung. Man wolle Kultur gegen Kultur ausspielen, beschwerte sich die Wabe in einem offenen Brief. Eine Arbeitsgruppe soll nun nach Lösungen suchen.

Im Eliashof bleiben dürfen nur das „Mach Mit! Museum“ für Kinder und die Musikschule Béla Bartók. Doch auch sie sind mit der Entscheidung nicht glücklich. „Wir wollten unseren zweiten Standort von der Pappelallee hierher verlegen“, so Anne-Kathrin Albrecht, Verantwortliche für den Musikschulstandort im Eliashof. Das ist nun nicht mehr möglich. „Man kann es eben nicht immer allen recht machen“, sagt dazu Zürn-Kasztantowicz. „Das wäre nur möglich, wenn Pankow drei Millionen Euro übrig hätte.“ Leider sei das nicht der Fall. JUDITH NOACK