Neues Plädoyer für teure Flugtickets

Umweltverband BUND startet Kampagne für Kerosinsteuer. Bisher sind die Fluggesellschaften davon freigestellt. Profitieren würden die Kunden der Bahn. Die sollen die Steuerforderung unterstützen. Zuspruch bei Rot-Grün hält sich bisher in Grenzen

„Die Befreiung von der Kerosinsteuer ist unökologisch und nicht zeitgemäß“

VON BEATE STRENGE

Die Bahnkunden am Bahnhof Zoo in Berlin bekamen gestern Besuch von einer Gruppe in weißen T-Shirts. Darauf stand: „Bahn zahlt Steuern – Flugzeug zahlt nix“. Mit einem dicken roten Kanister in der Hand und einem aufgeblasenen Plastikflugzeug starteten die Aktivisten des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) ihre Kampagne zur Einführung der Kerosinsteuer für Inlandsflüge ab 2005. Bahnkunden sollen im Rahmen der Aktion eine Ministeuererklärung unterschreiben, in der sie die Energiesteuern der Bahn zurückfordern oder die Einführung einer Kerosinsteuer verlangen. Die Aktion soll zunächst in zehn Großstädten laufen.

Hintergrund der BUND-Forderung ist, dass der kommerzielle Flugverkehr Steuerprivilegien genießt. Im Gegensatz zu Zügen und Bussen zahlen Flugzeuge keine Mineralölsteuer und auf internationalen Flügen auch keine Mehrwertsteuer. Nach der neuen EU-Energiesteuerrichtlinie ist von 2004 an eine Kerosinsteuer auf nationaler Ebene möglich. Auch können sich EU-Länder bi- oder multilateral untereinander darauf einigen. Bei einer Mineralölsteuer für Kerosin würde ein Hin- und Rückflug von Hamburg nach München 39 Euro mehr kosten, rechnet der BUND vor.

Das Umgehen der nationalen Steuer durch Billigtanken im Ausland, der so genannte Tanktourismus, könne leicht verhindert werden, meinen der BUND und auch das Umweltbundesamt, das die Forderung unterstützt. Anders als beim Auto solle die Steuer nicht beim Tanken anfallen, sondern durch eine relativ genaue Verbrauchsschätzung je nach Flugzeugklasse.

In der Bundesregierung gibt es noch keine Initiative für einen nationalen Alleingang bei der Kerosinsteuer. „Aber die EU-Richtlinie ist nicht vom Himmel gefallen. Rot-Grün hat sich in Brüssel dafür eingesetzt“, sagte der Sprecher von Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne), Michael Schroeren, zur taz. Die Bundesregierung habe damit ihr Versprechen im Koalitionsvertrag eingelöst. Eine Initiative für eine Kerosinsteuer für deutsche Binnenflüge müsse vom Bundesfinanzminister kommen, sagte Schroeren. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer braucht die Kerosinsteuer nicht die Zustimmung der Bundesländer. Bei der Umsatzsteuer für Auslandsflüge war die Regierung 2002 an der Unionsmehrheit im Bundesrat gescheitert.

Für eine Kerosinsteuer im Inland sprachen sich mehrere Bundestagsabgeordnete aus. „Die Kerosinsteuerbefreiung ist eine ökologisch schädliche Subvention, die nicht mehr in die Zeit passt“, sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Josef Fell der taz. Bei der Weiterentwicklung der ökologischen Steuerreform träten die Grünen auch für eine Kerosinsteuer für Binnenflüge ein.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Klimaexperte Ernst Ulrich von Weizsäcker forderte, die Ungleichbehandlung von Flugverkehr und Bahn zu beenden – bei der Mehrwertsteuer wie bei den Steuern für Energieverbrauch. Der Verband der deutschen Flugwirtschaft (BARIG) äußerte sich ablehnend.