Ohne Gewissensbisse

Premiere auf dem Börsentag: Zum ersten Mal geht es dort auch ums „Grüne Geld“. Also um Finanzprodukte, die persönliche Rendite mit gesellschaftlichem Nutzen verbinden sollen

von Markus Jox

Sind ethische Maßstäbe Renditekiller? Ein für alle Mal „mit diesem Vorurteil“ aufzuräumen, verspricht das ökumenische Projektteam „Nachhaltige Geldanlagen“, vulgo: „Grünes Geld“. Zum ersten Mal in seiner Historie widmet sich der Hamburger Börsentag (siehe Artikel unten) heute ebendiesem Thema. In der Abteilung „Nachhaltige Geldanlagen“ informieren Aussteller und Referenten darüber, wie bei marktüblicher Rendite und Sicherheit zugleich ethische, ökologische, soziale und armutsbekämpfende Belange bei der Geldanlage gefördert werden sollen. An einem „Checkpoint“ werden „anbieterunabhängige Materialien“ ausgelegt, die „produktneutral“ über nachhaltige Geldanlagen informieren.

Etwa 15 Aussteller wollen Produkte – vom Girokonto über Fondssparen bis hin zu Unternehmensbeteiligungen – präsentieren, „die ethische Kriterien berücksichtigen“. Mit von der Partie ist auch ein Team vom UmweltHaus des Evangelischen Kirchenkreises Stormarn. Dessen These: Obwohl viele Verbraucher ethische, soziale und ökologische Kriterien bei der Geldanlage berücksichtigen, erfahren sie meist nicht, ob das Geld so arbeitet, wie es den eigenen ethischen Überzeugungen und dem Glauben entsprechen würde. Wer weiß schon, ob das Geld in die Abholzung von Regenwäldern oder in umweltfreundliche Technologien investiert wird? Halten die Konzerne, denen das Geld zufließt und die auch in Entwicklungsländern produzieren lassen, Mindestlohn- und Sozialstandards ein? Im Kern geht es den Aktivisten des Grünen Geldes um die Frage: „Kann es einen Kapitalismus mit menschlichem Antlitz wirklich geben, und was können Geldanleger dazu beitragen?“

Marlehn Thieme, in Personalunion Direktorin der Deutschen Bank, Mitglied des Rats der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) und Schirmherrin auf dem Börsentag, hält es für wichtig, „Nachhaltigkeit als Zusammenspiel von Ökonomie, Ökologie und sozialen Fragen zu begreifen“. Nur wenn es gelinge, soziale Kriterien bei Produkt-, Investitions- und Anlageentscheidungen im nationalen und internationalen Finanzmarkt verstärkt zu berücksichtigen, „werden wir diesem ganzheitlichen Nachhaltigkeitsanspruch gerecht“, sagt sie.

„Mit der Geldanlage wird Leben behindert oder gefördert“, sagt Thomas Schönberger vom kirchenkreiseigenen UmweltHaus auf die Frage, warum ausgerechnet die Kirche sich um Geldanlagen kümmere. „Hat man Glück, kann man dazu beitragen, Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung zu finanzieren – hat man Pech, wird genau das Gegenteil finanziert.“ Das mache die Kirche unruhig: Schließlich lägen die Beträge, die Kirchen und kirchliche Einrichtungen bei Banken und Sparkassen festgelegt haben, im zweistelligen Milliardenbereich, so Schönberger.

Von 13 bis 15 Uhr diskutiert der Börsentag über „Nachhaltige Geldanlagen – ein Beitrag für zukunftsfähige Wirtschaft“