Opel minus 8.000 Stellen

Jeweils 4.000 Arbeitsplätze will der GM-Konzern in Rüsselsheim und Bochum streichen. Beschäftigte sollen Abfindung bekommen. Verhandlungen mit Betriebsrat. Auch Ingenieure bangen um ihre Jobs

„Aufregende“ und „hochwertige“ Produkte will GM seinen Kunden bieten

AUS FRANKFURT KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

Das „Sanierungsprogramm Europa“ des Konzerns General Motors basiert „auf der derzeitigen Einschätzung von GM Europe zur Lage und zur zukünftigen Entwicklung auf dem europäischen Automobilbaumarkt“. Sagt der Vorstand. In Detroit und in Zürich, dem Sitz der Europazentrale von GM, sei man zu der Auffassung gelangt, dass das Unternehmen auf die flaue Nachfrage und den zunehmenden Wettbewerb habe regieren müssen, so Fritz Henderson, Vorsitzender von GM Europe. Schließlich schreibe die Adam Opel AG im siebten Jahr rote Zahlen und trage nichts mehr zum Konzerngewinn bei.

Schnell soll jetzt nach dem Willen von GM gehandelt werden. 12.000 Arbeitsplätze bei Opel, Saab und Vauxhall könnten zu 90 Prozent schon im Verlauf des nächsten Jahres „abgebaut“ werden, meinte Henderson, der ankündigte, mit den Betriebsräten in den betroffenen Werken „konstruktiv an einer Lösung der gestellten Aufgabe arbeiten“ zu wollen. Wie viele Stellen wo in Europa gestrichen werden sollen, sagte Henderson freilich noch nicht.

Doch die Betriebsräte waren zuvor schon informiert worden. 4.000 Stellen würden beim Stammwerk von Opel in Rüsselsheim gestrichen und noch einmal 4.000 bei Opel in Bochum, sagte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel in Bochum.

Das Motorenwerk in Kaiserslautern, in dem aktuell auch die neue Generation von Dieselmotoren gebaut wird, für die Opel in der Fachpresse über den Klee gelobt wird, soll dagegen nach Informationen der taz unangetastet bleiben. Und auch in Eisenach (Thüringen) am Standort der legendären Wartburgwerke (DDR), soll die Belegschaft von Opel nur „gestrafft“ werden.

Die restlichen knapp 4.000 Stellen will GM Europe an anderen europäischen Standorten des Konzerns streichen; vor allem wohl in England (Vauxhall) und auch in Schweden (Saab). Von einer Werksschließung war gestern nicht mehr die Rede. Wochenlang war in der Branche kolportiert worden, dass GM beabsichtige, entweder das Saabwerk in Trollhättan oder das Opelstammwerk in Rüsselsheim dichtzumachen.

Mit dem massivsten Arbeitsplatzabbau in der Nachkriegsgeschichte von GM Europe will GM spätestens ab 2006 jährlich 500 Millionen Euro an Strukturkosten einsparen. Der Konzern rechnet mit Abfindungszahlungen, deren Höhe und Auszahlungszeitpunkt vom Ausgang der Verhandlungen mit dem Betriebsrat abhängig seien, hieß es in einer Erklärung von GM Europe dazu. Die Gespräche mit den Betriebsräten sollen „umgehend“ aufgenommen werden. Schon heute tagt der Aufsichtsrat, der das „Sanierungsprogramm Europa“ noch absegnen muss. Die Adam Opel AG gehört zu 100 Prozent GM.

Wie sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat verhalten werden, war gestern nicht zu erfahren. Betriebsräte und Gewerkschafter berieten sich zunächst intern.

Dass es mit dem Stellenabbau alleine nicht getan ist, wissen auch die Chefs von GM. Zunächst aber müsse in Europa wieder in die Gewinnzone gefahren werden, konstatierte Henderson. Durch die Verringerung der Strukturkosten und die damit verbundene Überschreitung der Gewinnschwelle werde sich die Rentabilität langfristig verbessern. Und dann könne auch wieder investiert werden; vor allem weiter in die Qualität.

„Aufregende und hochwertige Produkte“ will Henderson der potenziellen Kundschaft in den nächsten Jahren bieten. Schon 2005 sollen der Astra GTC, der Van Zafira und der Saab 9-3 den Markt in gleich drei Klassen aufmischen. Ein Jahr später folgten ein in Kooperation mit Daewoo (Korea) konzipiertes „Cross-Over-Freizeitfahrzeug“, ein Nachfolgemodell für den Corsa und ein zweisitziger „Roadster“. Und GM Europe setze konsequent weiter auf die Entwicklung und Produktion modernster Dieselmotoren, sagte der Präsident von GM Europe, Carl Peter Forster, bis Ende 2003 noch Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG.

Und wie soll diese – angekündigte – Innovations- und Produktoffensive mit einer verkleinerten Belegschaft bewältigt werden? GM Europe setzt auf die Integration der Design- und Entwicklungsbereiche von Opel und Saab. Damit könnten teure Parallelentwicklungen vermieden werden. Für die Ingenieure in Rüsselsheim eine nur bedingt gute Nachricht. Das technische Management wird wohl auch seinen Beitrag zur „Gesundschrumpfung“ (GM) leisten müssen – und wohl auch die Verwaltung.