die kurzkritik
: Rawums

Allein der Titel war 1984 ein Versprechen: „Rawums.“ Das klang so, als sei sicher, dass Langeweile, Lahmarschigkeit und Literatur nicht mehr „für so zirka dasselbe“ standen und die Siebziger endgültig vorbei waren. Hubert Winkels, Rainald Goetz und die Spexler, Kippenberger, Dokoupil und Thomas Schwebel – sie und andere probten unter der Leitung von Herausgeber Peter Glaser im Umkreis von Postpunk und Neuer Malerei einen literarischen Neuaufbruch und verwiesen die Grass, Handkes und Strucks in Papis Bücherschrank auf die Plätze. Goetz’ „Subito“, ja, file under Blut in Klagenfurt; die Maltes oder die 66 Es; oder das Debakel von Mainz, wo Kröher und Diederichsen auf einem Studentenfestival versuchten, den Lilatüchern, Rotsocken und Birkenstöcklern Bands wie Der Plan oder DAF nahe zu bringen – das alles war was: neu und anregend, auch unverständlich und totaler Quatsch, aber nie langweilig. Fast zwanzig Jahre später, da der Band noch mal aufgelegt wird, kann man ihn getrost als Keimzelle sehen für das, was Ende der Neunziger mit der Popliteratur richtig losging; und als logische Ergänzung zu den Reissues von „Sexbeat“ und „Mai, Juni, Juli“ sowieso. Ein wenig Klassikerpflege und Totengräberei ist natürlich mit dabei, doch beim Blättern finden sich auch heute noch Juwelen; und, Teens!, als Erziehungsberater ist „Rawums.“ tausendmal besser geeignet als ein Film wie „Verschwende Deine Jugend“. Zu beanstanden ist nur, dass das Autorenregister noch immer dasselbe ist: „Michael O. R. Kröher, Jahrgang 1956, lebt, schreibt, textet. Studiert Medizin in Hamburg.“ Ja, ob er das heute immer noch macht? GBA

Rawums., Texte zum Thema. Hrsg. von Peter Glaser, 318 Seiten, 9,90 Euro