Warme Wohnungen werden teurer

700.000 Gasag-Kunden müssen ab Oktober mehr für ihr Gas bezahlen. Wie viel mehr, weiß die Gasag noch nicht. Sicher ist sie sich nur, dass sie keine Schuld trägt. Verbraucher-Bund rät: Überhöhte Rechnungen einfach nicht bezahlen

Gas wird teurer – auch in Berlin. Der Aufsichtsrat der Berliner Gaswerke AG (Gasag) wird zwar erst in der letzten Septemberwoche entscheiden, wie hoch die Preissteigerung ausfällt. Doch die 700.000 Berliner Gas-Kunden werden ab Oktober, pünktlich zum Beginn der Heizsaison, einige Prozent mehr für eine warme Wohnung zahlen müssen. „Die Gasverbraucher sind total verunsichert“, hat Reiner Wild vom Mieterverein beobachtet. „Immer mehr Leute fragen bei uns nach, was sie tun sollen.“

Die Möglichkeiten sind begrenzt. „Eigentlich kann man nur Energie sparen, wenn man die Kosten drücken will“, so Wild. Das Problem: Zwar könnten Gasag-Kunden theoretisch zu einem anderen Anbieter wechseln. Praktisch aber haben nur Großkunden diese Möglichkeit, weil es sich für die Gas-Unternehmen außerhalb Berlins nicht rechnet, einzelne Privathaushalte in der Hauptstadt zu versorgen.

Der Grund für den Preisaufschlag pünktlich zum Herbstbeginn: „Unsere Lieferanten erhöhen ihre Preise“, sagt Gasag-Pressesprecher Klaus Haschker. Das Unternehmen importiert nicht selber Erdgas, sondern bezieht es von Energie-Konzernen wie der Ruhrgas AG oder der Gaz de France. Diese wiederum haben mit Erdölproduzenten in Russland, Norwegen oder den Niederlanden Verträge geschlossen, die den Gas- an den Ölpreis binden. Da die Erdölpreise seit Monaten auf Rekordniveau liegen, müssen die Importeure nun mehr für das Gas bezahlen. Die Kostensteigerung wird über die Gasag an den Verbrauchern weitergegeben. Diese Kosten-Kette könnte nur durch eine Abkehr von der Ölpreisbindung unterbrochen werden, wie es Verbraucherverbände fordern. Das liegt aber nicht in der Macht der Gasag, sondern der Gasimporteure. Diese haben mit den Gasproduzenten teilweise Verträge mit mehreren Jahrzehnten Laufzeit, sodass die Berliner kaum mit einer kurzfristigen Rücknahme der angekündigten Preiserhöhung rechnen können.

Um wie viel Prozent genau der Preis steigen wird, teilt die Gasag noch nicht mit. „Erst wenn die Bezugspreise feststehen, kann die Kalkulation abgeschlossen werden“, erklärt Gasag-Sprecher Haschker. So wollte Gasag-Lieferant Ruhrgas bis Mitte vergangener Woche noch bis zu 8 Prozent mehr verlangen. Nachdem das Bundeskartellamt eine Untersuchung angekündigt hatte, soll die Steigerung jetzt nur noch 4 Prozent betragen.

Die Berliner Landeskartellbehörde glaubt nicht, dass die Gasag die Möglichkeit nutzen wird, um ihrerseits beim Kunden abzukassieren. „Bei unserer letzten Untersuchung lagen die Berliner Gaskosten deutschlandweit im unteren Mittelfeld“, so ein Sprecher. Sollte sich das dramatisch ändern, könnte das ein Anlass für eine Untersuchung sein. „Wir rechnen aber nicht damit“, so der Sprecher.

Maximal 2 Prozent Aufschlag seien durch die gestiegenen Ölpreise gerechtfertigt, meint der Bund der Energieverbraucher (BEV). Sollte die Gasag mehr verlangen, empfiehlt der BEV: „Der Kunde zahlt den Gaspreis in der bisherigen Höhe zuzüglich einer Preiserhöhung von höchstens 2 Prozent. Darüber hinausgehende Forderungen sind nicht gerechtfertigt.“ Da die Berliner nicht einfach den Anbieter wechseln können, dürfe die Gasag die Preise laut Gesetz nur in „angemessenem Maße“ erhöhen – und was angemessen ist, kann im Zweifel nur ein Gericht entscheiden. BEV-Chef Peters: „In einem Schreiben sollte der Kunde der Gasag mitteilen, dass er die Rechnung bis zu einer Gerichtsentscheidung nicht bezahlt.“ Erfahrungsgemäß verzichteten die Versorger darauf, die restliche Forderung einzuklagen, weil sie vor Gericht ihre Kalkulation offen legen müssten. „Dann wäre aber offensichtlich, dass die Preiserhöhung ungerechtfertigt ist“, so Peters.

Der Rat des BEV, Rechnungen nicht zu bezahlen, sei „unverantwortlich“, findet dagegen der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW). „Das ist eine Aufforderung zum Vertragsbruch und nützt niemandem“, sagt BGW-Geschäftsführer Wolf Pluge.

Auch die Berliner Verbraucherzentrale hält den BEV-Tipp für „problematisch“. Es bestehe das Risiko, dass der Gashahn abgedreht werde, sagt eine Sprecherin. Die Gasag warnt ihre Kunden ebenfalls vor solchen Maßnahmen und verspricht: „Wir werden die Situation nicht ausnutzen.“ FELIX WADEWITZ