Vorbild Spanien: Ausländer rein

Sozialistische Regierung plant Massenlegalisierung illegaler Einwanderer – wenn sie arbeiten. Spanien ist das beliebteste Zielland der ganzen EU für Immigranten

MADRID taz ■ Spaniens Arbeits- und Sozialminister Jesús Caldera hat gestern vor dem Einwanderungsausschuss des Parlaments in Madrid seine neue Ausländerpolitik vorgestellt. Mit großzügigeren Entscheidungskriterien will er das Heer der sin papeles – der Ausländer ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung – abbauen. Wer einen Arbeitsvertrag vorweisen kann, Nachweis der Abgaben bei der Sozialversicherung inklusive, soll eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten, auch wenn er illegal nach Spanien eingereist ist. 400.000 der auf rund eine Million geschätzten illegalen Einwanderer in Spanien dürften sich in dieser Lage befinden, schätzt die sozialistische Regierung. Der Minister warb vor den Abgeordneten für eine breite Unterstützung seiner liberaleren Politik. In einer künftigen Reform des Ausländergesetzes soll die Aufenthaltsgenehmigung für frisch Zugewanderte an einen Arbeitsplatz gebunden werden.

Bereits seit Sommer lässt die Ausländerbehörde bei der Ausstellung von Aufenthaltsgenehmigungen Großzügigkeit walten. In 100.000 Fällen wurden Papiere ausgestellt, indem die Regierung die Frist auf Ablehnung nach der Antragstellung verstreichen ließ. „Administratives Schweigen“ heißt dies. Keine Ablehnung in dem vom Gesetz vorgesehenen Zeitraum führt demnach automatisch zu einem positiven Bescheid des Antrags auf Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung.

„Eine verdeckte Politik der Papiere für alle“, wirft die konservative Opposition deshalb Caldera vor. Dies könne zu einem „Sogeffekt“ führen. Auch die Gewerkschaften kritisieren die Pläne des Arbeitsministeriums. Denn die Regierung möchte Arbeitgeber, die bisher Immigranten ohne gültige Arbeitserlaubnis beschäftigt haben, trotz gegenteiliger Rechtslage straffrei ausgehen lassen, wenn sie ihre Arbeiter jetzt anmelden.

Seit 1985 wurden in Spanien fünf Regularisierungskampagnen durchgeführt. Die letzte fand 2001 statt, als die jetzt von den Oppositionsreihen aus protestierende konservative Volkspartei (PP) 240.000 Ausländer wegen nachgewiesener sozialer Verankerung mit Papieren versah. Doch das Heer der sin papeles wächst weiter. In keinem Mitgliedsland der alten EU steigt der Ausländeranteil so schnell wie in Spanien. In den letzten vier Jahren hat sich die Zahl der legal im Land lebenden Einwanderer auf 1,8 Millionen verdoppelt. Von den 1,6 Millionen Immigranten, die 2003 den Weg in die EU insgesamt fanden, reisten 600.000 nach Spanien ein.

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