Razzia wegen des Schnüffelskandals

Polizisten durchsuchen Räume von Ex-Telekom-Aufsichtsratschef Zumwinkel und Ex-Telekom-Vorstandschef Ricke. Sie wollen ihre Rolle im Spitzelskandal der Telekom klären. Aus Zumwinkels Burg in Italien nehmen die Ermittler zwei Computer mit

AUS KÖLN PASCAL BEUCKER

Den Hausherrn trafen sie nicht an, fündig wurden die Ermittler trotzdem. Im Zusammenhang mit der Spitzelaffäre bei der Deutschen Telekom haben italienische und deutsche Beamte das Anwesen des ehemaligen Telekom-Aufsichtsratschefs Klaus Zumwinkel in Italien durchsucht. Am Freitag bestätigte der Bonner Oberstaatsanwalt Friedrich Apostel eine entsprechende Meldung der taz.

Bei der mehrstündigen Aktion am Mittwoch auf der Burg Tenno oberhalb des Gardasees beschlagnahmten die Fahnder zwei Computer und weiteres Material. Zumwinkel wohnte der Durchsuchung nicht bei. Nach unbestätigten Informationen der italienischen Polizei soll sich Zumwinkel in Thailand aufhalten. Laut Apostel gab es Razzien auch im Haus des Ex-Telekom-Chefs Kai-Uwe Ricke in der schweizerischen Gemeinde Thalwil am Zürichsee, bei dessen Frau am bayerischen Ammersee sowie in der ehemaligen Villa Zumwinkels in Köln. Ebenfalls ungebetenen Besuch bekam die Zentrale der Deutschen Post in Bonn, deren Vorstandschef Zumwinkel war. Dort seien jedoch keine Unterlagen sichergestellt worden, sagte Apostel. Der Konzern sei nicht Gegenstand des Verfahrens.

Anlass der Durchsuchungen seien die „laufenden Ermittlungen“, sagte Oberstaatsanwalt Apostel. Zu Details wollte er sich nicht äußern. Auch zu dem Umfang des beschlagnahmten Materials wollte er zunächst keine Angaben machen. Seit fast einem Jahr untersucht die Staatsanwaltschaft den Schnüffelskandal bei der Telekom. Die Ermittlungen richten sich im Kern gegen acht Verdächtige, darunter auch Zumwinkel und Ricke.

Um die Weitergabe von Interna an die Öffentlichkeit zu verhindern, hatte das Unternehmen in der Vergangenheit Aufsichtsräte, Angehörige des Betriebsrats, Journalisten und auch Dritte wie Ver.di-Chef Frank Bsirske ausgespäht, die mit dem Konzern nicht unmittelbar zu tun haben. Die Zahl der Betroffenen in der Spitzelaffäre beläuft sich nach Aussage der Staatsanwaltschaft auf etwa 65.

Es besteht der Verdacht, dass Zumwinkel und Ricke die Spähaktion persönlich in Auftrag gegeben haben. Beide dementieren das entschieden. Ein ehemaliger leitender Mitarbeiter aus der Sicherheitsabteilung, der die illegalen Aktionen organisiert haben soll, sitzt seit einiger Zeit in Untersuchungshaft. Ermittelt wird wegen möglicher Verstöße gegen das Bundesdatenschutzgesetz und gegen das Fernmeldegeheimnis.

Mitte Mai 2008 hatte die Telekom selbst Anzeige erstattet, um den Missbrauch von Verbindungsdaten in den Jahren 2005 und 2006 aufzuklären. Zudem sollten der oder die Auftraggeber ermittelt werden. Die jetzige Unternehmensführung der Telekom will keine Kenntnis von den Vorgängen aus früheren Jahren gehabt haben.

Der Anwalt Zumwinkels Hanns Feigen wollte sich zunächst nicht zu der Razzia äußern. Ein Sprecher Zumwinkels bestätigte jedoch, dass bei der Durchsuchung am Mittwoch an Zumwinkels italienischem Wohnsitz zwei Computer sichergestellt wurden. Dass auch noch darüber hinaus Unterlagen beschlagnahmt wurden, bestritt er allerdings. „Ansonsten wurden keinerlei Dokumente oder Gegenstände mitgenommen“, sagte der Sprecher.

Ende Januar war Zumwinkel vom Bochumer Landgericht wegen Hinterziehung von knapp 1 Million Euro Steuern zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Anschließend meldete er sich nach Italien ab und zog sich in seine Burg am Gardasee zurück.