„Buchhändler von Kabul“ verklagt Verlag

Schah Mohammad ist nicht kompromissbereit. Jetzt will er seine Familienehre per Gerichtsbeschluss schützen lassen

STOCKHOLM taz ■ Der Streit um den Bestseller „Der Buchhändler aus Kabul“, das Reportagebuch der norwegischen Journalistin Åsne Seistad (vgl. taz v. 6. September), endet vor Gericht. Schah Mohammad, der afghanische Buchhändler, sagte nach einem erneuten Treffen mit Seierstad und den Juristen beider Seiten in der vergangenen Woche, man habe sich nicht einigen können. Und er selbst sei „nicht bereit zu einem Kompromiss“. Der taz gegenüber erklärte er in einer E-Mail, die Verleger des in 17 Staaten veröffentlichten Buches verklagen zu wollen.

Mohammad hatte in Oslo die Rücknahme zumindest der englischen Übersetzung des Buches und eine Streichung mehrerer Abschnitte mit intimen Details zu seiner Familie gefordert. Diese bezeichnet er als „Lügen“, durch die er sich nicht nur in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt fühlt, sondern auch persönliches Ungemach für sich und seine Familie fürchet.

Seierstad wollte sich nach dem Treffen nicht öffentlich äußern. Der Anwalt des „Capellens Förlaget“, in dem das Buch verlegt wird, erklärte, man „sehe mit Ruhe einem eventuellen Rechtsstreit entgegen“. Der Verlag hatte auf den Konflikt bislang nur insoweit reagiert, als ein Umschlagbild der in London erschienenen englischen Fassung, das die Buchhändlerfamilie auf einem von Seierstad gemachten Foto zeigte, in der kurz vor der Herausgabe stehenden US-Ausgabe durch ein neutrales Kabul-Bild ersetzt werden soll.

Schah Mohammad war auf Einladung von Seierstad Anfang vergangener Woche nach Oslo gekommen, um den Streit beizulegen. Begleitet wurde er dabei von seiner zweiten Ehefrau Soraya Rais, die sich erstmals öffentlich gegenüber norwegischen Medien äußerte. „Ich fühle mich ausgeliefert und ausgenutzt“, erklärte die 20-Jährige in der Osloer Tageszeitung Aftenposten: „Ein großer Teil von dem, was sie geschrieben hat, sind Lügen. Mir blutet das Herz. Wir verlieren unser Gesicht, wenn die Menschen dieses Buch lesen.“ Es sei eine „Bedrohung für unser Leben.“ REINHARD WOLFF