Lindhs Mörder gesucht

Hoffen auf die DNA-Analyse: Bislang fehlt schwedischen Ermittlern sowohl der Täter als auch das Motiv zum Mord an der Außenministerin

STOCKHOLM taz ■ Zwei Tage nach dem Mord an der schwedischen Außenministerin Anna Lindh hatte die Polizei noch keine heiße Spur. Ein 32-jähriger Mann mit langem Vorstrafenregister, dessen Fingerabdrücke auf der Rolltreppe am Tatort gefunden wurden, erwies sich nach einer Vernehmung als unschuldig. Durchsucht wurden in der Nacht zum Freitag auch verschiedene Treffpunkte und Schlafplätze von Obdachlosen. Aufgrund von Zeugenaussagen, die den Täter von seiner Kleidung und dem ungepflegten Aussehen her beschrieben, erstellte die Polizei ein Täterprofil, das deutlich in diese Richtung weist. Die Festlegung der Fahndung weckte erste Kritik, da das Outfit auch eine raffinierte Tarnung sein könnte.

Davon ausgehend, dass der Mörder Anna Lindhs aufgrund seiner brutalen Vorgehensweise schon mit Gewalttaten aufgefallen sein müsste, fahndet die Polizei nach einem Dutzend Männern, die in dies Täterprofil passen. Einen entscheidenden Fortschritt erhoffen sich die Ermittler, wenn nächste Woche die Ergebnisse von DNA-Analysen an der Tatwaffe und der vom Täter weggeworfenen Jacke vorliegen. Allerdings ist das DNA-Register der schwedischen Polizei erst im Aufbau und umfasst derzeit nur 2.500 vorbestrafte Personen.

Derweil wächst die Kritik am Verfassungschutz Säpo wegen einer falschen Einschätzung der Sicherheitslage. Die Säpo hatte keine Notwendigkeit für Personenschutz gesehen, obwohl die Außenministerin einige Tage vor der Tat im nordschwedischen Gävle körperlich attackiert worden war und in den letzten Tagen viele drohende Briefe und E-Mails erhalten hatte, die ihr aufgrund der Eurokampagne mit der Wirtschaft Verrat vorwarfen. Bezüglich der Euroabstimmung am Sonntag wurde eine erste Blitzumfrage veröffentlicht, die Donnerstag nach Bekanntwerden von Lindhs Tod durchgeführt wurde. Dabei wurde ein annähernder Gleichstand von Ja- und Neinstimmen ermittelt. Vorherige Umfragen hatten seit dem Frühjahr einen Nein-Vorsprung zwischen 7 und 11 Prozent ergeben. REINHARD WOLFF