Wenn die Schröders ein normales Paar wären

Ein 60-jähriger, mehrmals geschiedener Vielarbeiter und seine 41-jährige Ehefrau adoptieren ein Kind. Dürfen die das?

Wie ist der normale Verfahrensweg?

Wenn Gerhard Schröder und Doris Schröder-Köpf ein ganz normales Ehepaar wären, müssten sie ihren Adoptionswunsch einem Landesjugendamt oder einem von zwölf zugelassenen freien Trägern mitteilen. Dort würde ein Eignungsbericht über das Ehepaar erstellt, der nach Genehmigung durch ein Landesjugendamt den ausländischen Partnerbehörden, etwa in Russland, zugestellt wird. Die russischen Behörden würden sich dann melden, wenn bei ihnen ein passendes Kind zur Adoption freigegeben ist. Dies kann bis zu zwei Jahren dauern. Ist der Papierkrieg in Deutschland und Russland überstanden, muss die Adoption vor einem russischen Gericht nach russischem Recht vollzogen werden. Laut Nachrichtenagentur Itar-Tass war dies bei den Schröders der Fall.

Spielt es für die Bewerbung eine Rolle, wenn die drei früheren Ehen des Adoptivvaters gescheitert sind?

Im Rahmen der Eignungsprüfung müsste sich Herr Schröder auch im Hinblick auf sein bisheriges Beziehungsleben kritische Fragen stellen lassen. Ist seine Partnerschaft zu Doris Schröder-Köpf stabil, nachdem bereits drei Ehen gescheitert sind? „Eine Adoption kommt nicht bei Menschen in Frage, die Konflikte scheuen und in Krisen zu schnell aufgeben“, so Siegmund Zimmermann vom Diakonischen Werk Rhein-Neckar. Dies sei nicht nur in der Ehe, sondern auch im Verhältnis zum Kind ganz wichtig. „Auch mit dem adoptierten Kind, wird es Konflikte geben, die man aushalten muss.“

Spricht es gegen eine Adoption, wenn der Vater unter der Woche nicht zu Hause lebt?

Für Experten Zimmermann ist die zentrale Frage: „Sind die Eltern bereit, ihr Leben so einzurichten, dass Raum für die Bedürfnisse des Kindes besteht?“ Hier müsste sich Herr Schröder wohl gute Argumente überlegen. Seine Dienstwohnung ist in Berlin und als Bundeskanzler eines komplexen und leicht krisengeschüttelten Staates hat er sehr viel zu tun. Auch wenn seine Gattin trotz ihrer Repräsentationsaufgaben mehr Zeit für die Familie hat, gilt für Adoptionsvermittler doch: „Ein Kind hat ein Recht auf Mutter und Vater.“

Kann ein Paar mit 60 (er) und 41 (sie) noch adoptieren?

Es gibt zwar keine gesetzlichen Altersgrenzen, aber die meisten Vermittlungsstellen wollen vermeiden, dass die Eltern zu alt sind. „Wir ziehen eine feste Grenze bei 45 Jahren plus Alter des Kindes“, sagt Vermittler Zimmermann. „Die Eltern sollten gerade während der Pubertät des Kindes noch genügend Kraft zur Auseinandersetzung haben.“ Hier hätte Schröder also keine Chance, ein dreijähriges russisches Mädchen zu adoptieren. Andere Dienste sind in Altersfragen allerdings großzügiger.

Macht es einen Unterschied, wenn der Antragsteller prominent ist?

Dass Gerhard Schröder Bundeskanzler ist, sollte bei alledem keine Rolle spielen, denn es geht ja nicht um das Wohl der Bundesrepublik, sondern um das Wohl eines elternsuchenden russischen Kindes. Allerdings ist es durchaus denkbar, dass die persönliche Bekanntschaft zum russischen Präsidenten Putin manches erleichtert, dass zum Beispiel gar kein Eignungsbericht über Gerhard Schröder und Doris Schröder-Köpf anzufertigen war und deshalb manche heikle Frage weder gestellt noch beantwortet wurde. CHRISTIAN RATH