familienbande

Der Vater war Psychiater

Tochter: Sophie Templer-Kuh, 1916 in Wien geboren, in Dänemark und Berlin aufgewachsen. 1933 Emigration nach Wien, 1939 nach England. Im Krieg Arbeit für die britische Armee. 1946 Heirat mit Simon Templer, im selben Jahr wird Tochter Anita, 1954 Sohn Anthony geboren. 1960 Rückkehr nach Deutschland, die Ehe wird geschieden. 1963 Übersiedlung in die USA, wo sie als Haushaltshilfe und Krankenpflegerin arbeitet. Mit 65 Rückkehr nach Österreich, heute lebt sie in Berlin.

Vater: Otto Gross, 1877 geboren, arbeitet zunächst als Psychiater. Bald grenzt er sich von Sigmund Freud und C. G. Jung ab. Gross wird mit seinem radikal antibürgerlichen Leben zum Ideengeber für viele expressionistische Schriftsteller, Anarchisten und Dada-Künstler, er plant mit Franz Kafka die Herausgabe einer Zeitschrift Blätter gegen den Machtwillen. 1913 wird er wegen seines Drogenkonsums und bohemehaften Lebenswandels von seinem Vater, dem Kriminalistikprofessor Hans Gross, entmündigt und in eine Anstalt zwangseingewiesen. Sein Fall wird zum Politikum unter Künstlern und Intellektuellen, und nach einer internationalen Pressekampagne wird er wieder freigelassen. Nach seinem Tod 1920 gerät er in Vergessenheit, seine Bedeutung für die künstlerischen, politischen und psychoanalytischen Avantgarden des 20. Jahrhunderts wird erst in den 70er- und 80er-Jahren wieder entdeckt.

Mutter: Marianne „Mizzi“ Kuh, 1894 geboren, eine der Schwestern des österreichischen Publizisten Anton Kuh, heiratet nach Gross’ Tod den Schriftsteller Alexander Solomoníca („Herr Heckfisch und andere Schriften“), den die Nazis später ermorden. Mit ihm hat sie zwei Kinder. Marianne Kuh stirbt 1948 bei einem Busunglück in England.

Alle sechs Teile der Töchterserie plus zwei weitere Töchterporträts können für 6 Euro inkl. Porto unter recherche@taz.de oder (0 30) 25 90 22 84 bestellt werden