Atombehörde als Mittel zum Zweck

Der heutige Rapport zu Irans Atomprogramm soll den USA einen Vorwand für weiteren Druck auf Teheran liefern

BERLIN taz ■ Mit Spannung wird die heutige Stellungnahme der Internationalen Atombehörde (IAEA) zum iranischen Atomprogramm erwartet. Nach dem Wunsch der USA, die behaupten, Iran plane die Herstellung von Atomwaffen, soll sie so scharf wie möglich ausfallen.

Tatsächlich deuten jüngste Untersuchungen der IAEA darauf hin, dass das iranische Atomprogramm nicht nur friedlichen Zwecken dient. Der Generaldirektor der Atombehörde, Mohammed al-Baradei, sagte, die Inspekteure hätten in der Nuklearanlage Nantanz „Spuren angereicherten Urans“ gefunden, das zum Bau von Atombomben verwendet werden könne. „Dies beunruhigt uns sehr“, sagte er dem Hamburger Magazin Stern. „Sollte Iran sein Atomprogramm nicht für friedliche Zwecke nutzen, könnte dies fürchterliche Folgen haben.“

Für die USA kommt der Bericht wie gerufen. Washingtons Plan war, aufgrund einer zu erwartenden Verurteilung Irans durch die Atombehörde, im UN-Sicherheitsrat eine Resolution zu verabschieden und Sanktionen gegen Iran zu beschließen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Teheran bestritt, jemals die Absicht zum Bau von Atomwaffen gehegt zu haben. Sowohl Staatspräsident Chatami, als auch Außenminister Charrazi signalisierten die Bereitschaft Irans, mit der Atombehörde eng zu kooperieren und das Zusatzprotokoll zu unterzeichnen.

Die Kooperationsbereitschaft Irans machte Washingtons Pläne zunichte. Wie aus Diplomatenkreisen bekannt wurde, sollen die USA festgestellt haben, dass sie unter den 35 Mitgliedern des Vorstands der Atombehörde für die erwünschte Stellungnahme nicht die erforderliche Mehrheit finden würden. Somit wird die US-Regierung vorerst den UN-Sicherheitsrat nicht mit dem iranischen Atomprogramm befassen.

Indes könnte eine am Vorabend der IAEA-Tagung veröffentlichte Nachricht doch noch den Plan Washingtons retten. Wie der Berliner Tagesspiegel aus Kreisen westlicher Sicherheitsdienste erfahren haben will, soll eine Gruppe von 70 bis 90 Wissenschaftlern im Iran am Bau einer Atombombe arbeiten. Iran habe in Europa Hochspannungsschalter gekauft, die zum Zünden von Atomsprengköpfen verwendet werden können. Ferner habe sich das Land besondere Hochgeschwindigkeitskameras und Röntgengeräte besorgt, die zur Untersuchung von Testexplosionen verwendet werden. Zudem sei Iran mit der Herstellung von Spezialsprengstoffen beschäftigt, mit denen Atomsprengstoffe gezündet werden können. Die Veröffentlichung der Meldung ein Tag vor der Konferenz ist kein Zufall. Eine Stellungnahme Irans dazu liegt noch nicht vor.

BAHMAN NIRUMAND