Anleitung zum Mobben

Telekom-Austria-Manager plaudert darüber, wie er missliebige Mitarbeiter loswerden will – vor der Kamera

BERLIN taz ■ Eigentlich waren seine Worte nur für die Investoren und Analysten der Telekom Austria (TA) bestimmt. Doch nun erklärt Gernot Schieszler, Finanzvorstand des TA-Festnetzes, einem viel größeren Publikum seine Strategie beim Personalabbau – immer wieder aufs Neue auf Youtube. Mindestens vier Videomitschnitte seiner Rede vom 29. Januar 2009 sind auf der Videoplattform eingestellt worden, aufgerufen über 112.000 Mal.

Die Videos zeigen Ausschnitte vom Capital Market Day der Telekom. Ein Investor fragt Schieszler, wie das Unternehmen seine unkündbaren Beamten von der Annahme des goldenen Handschlags zu überzeugen gedenke, also von Sonderzahlungen, mit denen die TA ihnen das freiwillige Ausscheiden schmackhaft machen will.

Die TA habe sich entschieden, die Mitarbeiter „aus dem Prozess herauszunehmen“, erklärt Schieszler. Sollte es nicht möglich sein, sie umzuschulen oder in andere Unternehmensbereiche zu versetzen, werde man sie „zu Hause sitzen lassen“. Nach sechs bis acht Wochen beginne man die Mitarbeiter „anzurufen, um sie für ein paar Tage zur Arbeit zu rufen“. Er erwarte, dass „die Leute am Telefon erklären, krank zu sein. Wenn ein Arzt feststellt, dass sie gar nicht krank sind, werden wir klagen.“

Tatsächlich hat die TA 1.250 von insgesamt 16.900 Mitarbeitern unter Lohnfortzahlung nach Hause geschickt. Dieser Personalabbau betrifft nur das Festnetzsegment, wo das Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren 600.000 Kunden verloren hat. Der Personalabbau kostet 632 Millionen Euro.

Der Auftritt von Schieszler sorgte bei der Konzernleitung, dem Betriebsrat und nicht zuletzt im Internet für großen Ärger. Die Kommentatoren auf Youtube echauffieren sich über diese „Unverschämtheit“, rufen dazu auf, die Verträge mit TA aus Protest zu kündigen, und fordern Schieszlers Entlassung.

Auf Anfrage der taz räumte TA-Pressesprecher Martin Brendl ein, die Äußerungen des Finanzvorstands seien „ein Fehler“ gewesen. Seinen Job darf Schieszler zwar behalten, die Verantwortung für die Personalabteilung muss er aber abgeben.

Die TA-Personalvertretung ist damit zufrieden: „Wir sind froh, dass der Vorstand erkannt hat, dass eine solche Vorgehensweise untragbar wäre.“ Die Führungsspitze müsse in der Zusammenarbeit mit der Personalvertretung nun „das notwendige Vertrauen“ wiederherstellen.

Laut der österreichischen Tageszeitung Der Standard hat sich Schieszler im Firmenintranet von seinen eigenen Aussagen distanziert. Er habe „bedauerlicherweise Aussagen unglücklich und missverständlich gewählt“.

JANUSZ BIENE