Abschied von Vodafone

Attac registriert aufgebrachte Bürger, die ihre 0172-Handy-Verträge kündigen. Zorn über Steuertrick. 15.000 Protest-Mails an Konzern

AUS BERLIN HANNES KOCH

Mit einer Firma, die „unmoralisch“ handelt, will Rolf Scheer nichts zu tun haben. Und schon gar nicht sein Geld dorthin überweisen. Also hat das Vorstandsmitglied des Fördervereins Suchtkrankenhilfe in Rendsburg seinen Handy-Vertrag mit der Vorwahl 0172 bei Vodafone gekündigt.

Der Anlass für Scheers Ärger ist die Forderung des britischen Telekom-Konzerns, seine Gewinnsteuer in den kommenden Jahren um bis zu 25 Milliarden Euro zu reduzieren. Weil der Aktienwert der von Vodafone gekauften Mannesmann AG kurz nach der Übernahme im Jahr 2000 eingebrochen ist, wollen die Briten ihre Gewinne nun mit den damaligen Bilanzverlusten verrechnen.

„Das ist völlig unakzeptabel“, sagt Rolf Scheer aus Schleswig-Holstein. Sein Verein betreut Drogenabhängige, die ihre Wohnung verloren haben – und „kämpft ständig ums Überleben“. Nicht zuletzt deshalb, weil die Stadt Rendsburg angesichts der kommunalen Finanznot permanent nach Einsparmöglichkeiten sucht. Hier zeigt sich für Scheer, der früher Geschäftsführer des Diakonischen Werks in Dortmund war, die Verbindung zum Fall Vodafone: Käme der Konzern mit seinem Steuerantrag beim Finanzamt Düsseldorf durch, würde das die finanzielle Situation einer großen Kommune dramatisch verschlechtern.

Scheer ist nicht der Einzige, der mit Vodafone nicht mehr telefonieren möchte. Dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac liegen mehrere Dutzend Kündigungen für 0172-Verträge vor. Einer stammt von dem Berliner Regionalforscher Jens Libbe: „Als Bürger kann ich nicht anders, als zu kündigen.“ Auch der Münchner Journalist Ulrich Pesch macht Schluss: „Das ist reine Profitgier von Vodafone.“

Seit zwei Wochen läuft eine Kampagne gegen den „Vodaklau“ von Attac. Mittlerweile haben rund 15.000 Leute Protest-Mails an die Konzernzentrale in Düsseldorf geschickt. Die Mails beinhalten den Standardsatz, dass „Vodafone als Vertragspartner nicht mehr in Frage kommt“. Wie viele Protestschreiber die Konsequenz der Kündigung ziehen, ist Attac aber nicht bekannt.

Vodafone-Sprecherin Ute Schack räumt „eine gewisse Aufmerksamkeit“ zu Lasten des Unternehmens in der Öffentlichkeit ein. Dass der Unmut zu einer außergewöhnlich hohen Zahl von Kündigern führe, bestreitet Schack allerdings.

Bislang hat Attac nicht förmlich zum Boykott oder zur Kündigung aufgerufen. Die Organisation befürchtet eine einstweilige Verfügung seitens Vodafone, die die kritische Kampagne juristisch lahm legen könnte. Deshalb gibt es bei den Globalisierungskritikern nur Formulierungen, die eine Kündigung nahelegen – und demnächst auch Tipps für den schnellen Anbieterwechsel. Interessant ist ein Hinweis aus dem Vodafone-Callcenter an einen Kündigungswilligen: Man solle nicht zu T-Mobile wechseln – die Telekom-Tochter habe vor Jahren ein ähnliches Steuergeschenk eingeheimst.

www.vodaklau.de