Der Amtsschimmel spricht nur Deutsch

Seit drei Jahren will der Bremer Jan Cassalette an der Universität Bremen studieren. Darf er aber nicht. Weil er seinen Schulabschluss in England gemacht hat, und er dort – laut Landeshochschulgesetz – die falschen Fächer belegte

„Ich wollte einfach gern zurück nach Bremen und hier studieren“

Bremen taz ■ Festgekettet hat er sich, gestern Morgen am Eingang der Bildungsbehörde am Rembertiring. Um endlich ganz normal studieren zu dürfen. Jetzt droht dem 25-jährigen Jan Cassalette eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Aber das ist zweitrangig. Am Herzen lag ihm vor allem, auf ein absurdes Gesetz aufmerksam zu machen, das ihn – in Zeiten zunehmender Internationalisierung und Europäisierung – am Studieren hindert. In Zeiten, in denen Kulturpolitiker und Berufsberater empfehlen, so früh und so gründlich wie möglich Erfahrungen im Ausland zu sammeln.

Das hat Cassalette nämlich gemacht. Nach Abschluss der elften Klasse in Bremen ist er nach England gegangen, um dort ein Austausch-Schuljahr zu absolvieren. Er entschloss sich dann, auch den dort gängigen Schulabschluss nach der 12. Klasse zu machen. Mit diesem Abschluss hätte er in England studieren können, nach den dort üblichen universitären Eingangstests. Aber Cassalette wollte nun wieder zurück nach Deutschland. Englischsprachig und mit dem englischen Abitur in der Tasche.

Mit den strengen Auflagen hierzulande hatte der junge Mann sich damals allerdings noch nicht beschäftigt. Nun bemüht sich Cassalette bereits seit drei Jahren beim Senator für Bildung und Wissenschaft um die Anerkennung seines englischen Abiturs. Um an der Universität Bremen Informatik studieren zu können, ist er sogar bis vors Oberverwaltungsgericht gegangen. Bisher jedoch ohne Erfolg.

Denn die hiesige Hochschulzulassung ist – wie in den anderen Bundesländern auch – an Bedingungen geknüpft. Gemäß Landeshochschulgesetz muss ein Hochschulbewerber mit ausländischem Abitur vier Prüfungsfächer nachweisen, darunter eine Fremdsprache, Mathematik und ein naturwissenschaftliches Fach. Die Bremer Bildungsbehörde muss die ausländischen Schulabschlüsse von Studierwilligen daraufhin prüfen und gegebenenfalls eine Hochschulzulassung ausstellen. Aber wie gesagt: nur gegebenenfalls. „Die Länder haben hier schon einen weiteren Schritt in Richtung Internationalisierung gemacht. Vor kurzer Zeit noch mussten fünf Fächer nachgewiesen werden“, heißt es aus dem Bildungsressort.

Um in England einen ausreichenden Abschluss zu bekommen, reichen hingegen schon drei Prüfungsfächer. Cassalette wählte Jura, Informatik, Darstellendes Spiel und Deutsch. In Bremen aber heißt es nun, ihm fehle Mathematik. Und vor allem die Fremdsprache. Denn Deutsch sei für ihn ja eindeutig keine. Dass Cassalette sein ganzes Abitur in einer Fremdsprache abgelegt hat, fällt da unter den Tisch.

„Es gab viele positive Gespräche in der Bildungsbehörde, ich dachte oft, ich stehe kurz vor dem Erfolg“, sagt Cassalette. Wenn er gewusst hätte, wie lange sich die Sache hinzieht, hätte er sich um einen Studienplatz im europäischen Ausland bemüht. „Aber ich wollte einfach gern in Bremen studieren“, fügt er hinzu. Mittlerweile geht es ihm ums Prinzip: für Bremen einen Präzedenzfall zu schaffen, so dass folgende „europäische Abiturienten“ nicht über juristische Spitzfindigkeiten stolpern müssen.

IMKE SCHRIDDE