Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Finger weg!

Michael B. umgab sich seit einiger Zeit mit wirklich merkwürdigen Frauen. Brachte sie mit zu Essenseinladungen, lud sie auf seine Geburtstagspartys ein. Nichts ging mehr ohne sie. Dicke Frauen, traurige Frauen. Liebe Frauen, ach so liebe Frauen. Frauen aus Michael B.s psychodynamischer Selbsterfahrungsgruppe. Dauernd musste man aufpassen, dass man nicht achtlose fröhliche Bemerkungen machte, die dann gleich auf den Pi-Ci-Detektor gelegt und für „irgendwie nicht so gut“ befunden wurden. Man durfte nicht einmal finden, nicht jede Neubauwohnung sei automatisch scheiße. („Wie entsetzlich! Wie kann man nur in einer Neubauwohnung leben wollen!“) Michael B. machte alles klaglos mit, seinen alten Freunden ein Rätsel.

Irgendwann allerdings machte Michael B. einen fatalen Fehler. Die Gruppe fuhr in ein Therapiewochenende aufs Land. Jeder sollte sich einen Baum aussuchen, als Ansprechpartner. Michael B. fand, das ginge nun doch zu weit. Statt mit dem Baum zu sprechen, pinkelte er ihn an. Und erzählte es der dicksten der dicken Frauen. Seither kommen sie ihn nicht mehr besuchen. Gott sei Dank!

Leider ist uns deshalb nicht überliefert, was die kategorischen Dickmadams zu TOMs warzennasiger Baumliebhaberin sagen. Stattdessen können wir aber vermelden, was TOM von nebenstehender Reklame hält: „Baumpatenschaften sind sehr begrüßenswert! Doch, doch. Wenn man bedenkt, was wir seit Urzeiten mit und aus ihnen machen. Aber müssen wir uns dann gleich wie die Wildschweine benehmen? Uns an ihnen schuppern? Sie umarmen, betatschen und abknutschen wie dicke parfümierte Tanten? Nein, das sollten wir nicht tun. Das ist widerlich. Die können ja nicht mal weglaufen, die armen Dinger. Deshalb: Finger weg! Einfach ab und zu ein bisschen Geld zustecken, aber ansonsten bitte in Ruhe lassen. Patenkinder wissen das sehr zu schätzen.“ RKR