UN-Tribunal verurteilt Kroatiens Serbenführer

Milan Babić hatte 1991–95 in der kroatischen Krajina die Vertreibung und Tötung von Nichtserben mitorganisiert

SPLIT taz ■ Als er sich zur Urteilsverkündung erhob, konnte sich Milan Babić noch Hoffnungen auf ein mildes Urteil vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag machen. Doch das Gericht ging gestern über das von der Anklage geforderte Strafmaß um zwei Jahre hinaus und verurteilte den ehemaligen Präsidenten der kroatischen Serbenrepublik zu 13 Jahren Haft.

In der Begründung hieß es, Babić sei während des Krieges in Kroatien 1991 bis 1995 als Propagandist der Gewalt zur Durchsetzung Groß-Serbiens aufgetreten. Babić förderte nach Überzeugung der Richter als Leiter der serbischen Zivilverwaltung in dem von Serbien beanspruchten Gebiet in Kroatien die Vertreibung von 78.000 Kroaten und 2.000 Muslimen sowie den Tod von hunderten Menschen, vor allem durch aufhetzende Reden. Außerdem sorgte er für Beschaffung und Verteilung von Waffen unter serbischen Zivilisten.

Im Januar hatte sich Babić selbst schuldig bekannt. Er entschuldigte sich bei der kroatischen Nation und bot seine Mitarbeit bei anderen Kriegsverbrecherprozessen an. Daraufhin plädierten Anklage und Verteidigung gemeinsam für ein mildes Urteil, und vier weitere Anklagepunkte gegen Babić wegen Mordes, Grausamkeit und mutwilliger Zerstörung von Wohngebieten wurden fallen gelassen.

Der jetzt 48-jährige ehemalige Zahnarzt aus dem Dorf Kijevo bei Knin hatte schon nach der kroatischen Rückeroberung der „Republika Srpska Krajina“ 1995 und der Flucht des größten Teils der serbischen Bevölkerung nach Bosnien und Serbien Zweifel an seiner eigenen Politik geäußert. Er erklärte in Interviews, Milošević und andere serbische Führer hätten die Krajina-Serben mit ihren Versprechungen und großserbischen Plänen 1991 in eine Falle gelockt. 1991 wäre es noch möglich gewesen, mit Kroatien über ein Autonomiestatut für die Serben der Krajina zu verhandeln. Stattdessen hätte Belgrad auf die ethnische Säuberung des Gebiets gedrängt, das immerhin ein Drittel Kroatiens umfasste. Dieses Verbrechen hätten die Krajina-Serben später teuer bezahlen müssen.

Babić arbeitete als politischer Führer der Krajina mit dem ehemaligen Oberst der Jugoslawischen Armee, Ratko Mladić, und dem Polizeichef Knins, Milan Martić, zusammen. Mladić und Martić entwickelten 1991 in Knin die Militärtaktik für die Vertreibung der nichtserbischen Bevölkerung, die nach der Krajina auch in Bosnien angewandt wurde. Der erste „gesäuberte“ Ort war Kijevo, Heimatort des jetzt Verurteilten. ERICH RATHFELDER