Spatenstich mit dem Frontlader

Grundsteinlegung für ein Zwischenlager: Am Kernkraftwerk Unterweser demonstrierten gestern 20 Landwirte – und ein paar Kernkraftgegner. Die Bauern bangen um ihre Existenz. Aber noch sind nicht alle Verfahren entschieden

aus RodenkirchenImke Schridde

Standhaft und entschlossen blickt der Hartwarder Friese auf die sich versammelnden Trecker. Entschlossen wie der Blick des steinernen Denkmals wirken auch die sich herzlich begrüßenden Landwirte aus den Gemeinden Stadland und Butjadingen.

Etwa 20 Bauern sind gestern in den Rodenkirchener Ortsteil Hartwarden gekommen, um sich von hier aus auf den Weg zu machen – und die Grundsteinlegung für das Zwischenlager am Kernkraftwerk Unterweser (KKU) ein bisschen aufzumischen.

Das geht nur, weil es regnet. „Bei wolkenlosem Himmel hätten die meisten von uns Heu einfahren müssen“, sagt ein Landwirt. Die Bremerin Helga Rinsky von der Intitiative gegen das Zwischenlager, „Aktion Z“, freut sich: „Ich hätte nur mit fünf Treckern gerechnet.“ Außer den Landwirten ist kaum jemand gekommen: etwa ein Dutzend Kernkraft-Gegner vorwiegend aus Bremen und drei Fernsehteams sind vor Ort. Viele Anwohner hätten bereits resigniert, nachdem der Bau des Zwischenlagers im September vergangenen Jahres genehmigt wurde, so Rinsky.

Gegen zehn Uhr setzt sich die Trecker-Kolonne gemächlich in Bewegung – behängt mit Plakaten: „Zwischenlager gleich Endlager. Mit uns nicht“. Im gleichen Schritttempo trottet ein Polizeiauto vorneweg und mehr als fünf hinterher. Gemeinsam erreicht man das Eisentor des KKU-Geländes und bleibt hintereinander aufgereiht stehen. Weiter geht es nicht. Hier wartet bereits eine weitere Gruppe von Polizisten, vor Nässe triefend. Kurzes ratloses Gegenüberstehen. „Lasst uns mal durch, wir haben Frontlader dabei – wir könnten ‘nen richtigen Spatenstich machen“, ruft einer der Bauern – und zieht sich schnell wieder zurück.

Bei peitschendem Regen befestigen Mitglieder der Umweltorganisation Robin Wood ein riesiges Leinen-Transparent an zwei Treckern. „Wir sind ja eingespielt“, sagt ein Landwirt. Seit vier Jahren schon demonstrieren hier die überwiegend konservativen Bauern mit Anwohnern und Kernkraftgegnern aus Bremen. Im Rahmen des Atomkonsenses hatte Rot-Grün in Berlin beschlossen, auch dem KKU ein Zwischenlager zu verpassen.

Gegen das Lager in Stadland waren auf einmal auch die Landwirte, obgleich viele von ihnen gegen das KKU lange nichts einzuwenden hatten. Plötzlich wurde ihnen bewusst, dass sie auch über den geplanten Atom-Ausstieg hinaus mit strahlendem Abfall zu rechnen hätten. „Und das in einer weit weniger gesicherten Halle“, wie ein Demonstrant vor dem Werkstor bemerkt. „E.on stellt uns hier eine Billigversion eines Zwischenlagers hin, mit offenen Lüftungsschlitzen“, ruft der Landwirt Hinrich Barder, Mitgründer der Aktion Z, durch sein Megafon. Ihnen werde die Existenz geraubt, wer wolle schon Lebensmittel aus einem solch gefährdeten Gebiet kaufen, sagt ein anderer aufgebracht.

Sonst bleibt es ruhig: Verhaltenes Trillerpfeifen als die Gäste des KKU-Betreibers E.on durch das Tor rollen – beim Oberkreisdirektor Jürgen Mumdey von der SPD werden die Pfiffe etwas lauter. Das Verwaltungsgericht nämlich hat dem SPD dominierten Kreistag zunächst einmal Recht gegeben: Dieser spricht sich für das Zwischenlager aus und liegt deshalb im Clinch mit dem CDU-Gemeinderat in Stadland, der auf dem KKU-Gebiet alternative Energiegewinnung platzieren will. Noch gibt es hier offene Klagen.

Nach einer knappen Demonstrations-Stunde geht es wieder zurück – auf den verlassenen Rodenkirchener Markplatz. Am Hartwarder Friesen vorbei. Der hat seine Schlacht um die Butjadinger Selbstbestimmung 1519 verloren. Allerdings gegen die Bremer und mit einem Verräter aus den eigenen Reihen.