Neues Kapitel im Katalog der Grausamkeiten

68-mal schlägt der Senat mit Einsparungen und Leistungskürzungen zu. Und die nächste Sparrunde droht bereits in der kommenden Woche

Die Situation des Hamburger Haushaltes „ist so dramatisch wie nie seit 1949“, sagt CDU-Bürgermeister Ole von Beust. Um diesen Zustand „nicht ausufern zu lassen“, seien die massiven Kürzungen und Leistungseinschränkungen, die der Senat nun vereinbart hat, „schmerzhaft, aber dringend notwendig“. 70 Millionen Euro zusätzliche strukturelle Einsparungen neben den Kürzungen, die bereits zur Deckung des Kita-Lochs aufgebracht werden, sollen in den kommenden zwei Jahren vorgenommen werden.

Das Ende der Fahnenstange ist dies aber nicht: Der Senat zieht sich am Montag zur Sparklausur zurück, um den Doppelhaushalt 2005/2006 festzuklopfen. In diese Etats sollen die jetzt beschlossenen Einsparungen einfließen, doch die Einzelmaßnahmen für 2005 und 2006 sind darin noch nicht enthalten.

Der Katalog der Sparvorschläge umfasst sämtliche Ressorts, allerdings in unterschiedlicher Stärke. Ein Großteil der Kürzungen trifft den Bildungs- und Jugendbereich, was die Opposition besonders kritisiert. So werden Elternbeiträge für Vorschulklassen eingeführt, um „eine gewisse Gerechtigkeit gegenüber der Kindertagesbetreuung herzustellen“, wie von Beust sagt. Die Gebühren für die Jugendmusikschule werden erhöht, das kostenlose HVV-Abo für SchülerInnen mit einem längeren Schulweg wird gestrichen. Schwimmunterricht soll sich auf SchülerInnen beschränken, die das Schwimmen noch lernen müssen, „wer ansonsten schwimmen gehen will, soll das Nachmittags gerne tun“, so von Beust.

Allein 4,5 Millionen Euro soll eine zusätzliche Verwaltungsgebühr für Studierende in Höhe von 50 Euro pro Semester einbringen. Falls später Studiengebühren eingeführt werden, werden diese mit diesem neuen Obolus verrechnet. 3,5 Millionen Euro will der Senat einnehmen, indem er künftig Gebühren für die Nutzung städtischer Sporthallen durch Vereine kassiert. Dies soll, so von Beust, gestaffelt geschehen: Wo Sporthallen von Jugendlichen genutzt werden, will man auf die Gebühr verzichten, „wo aber vier Herren sich abends zum Badminton treffen“, will man zugreifen. Zwei bis drei „unwirtschaftliche“ Schwimmbäder werden privatisiert oder geschlossen, bestimmte Standorte nennt man noch nicht.

Der Wasserpreis und die Grundwassergebühr werden ebenfalls angehoben. Das macht nach Auskunft des Senats etwa einen Euro monatlich pro Haushalt aus. Für Unruhe hat bereits die Ankündigung gesorgt, Feuerwehrleute und PolizistInnen bei der Freien Heilfürsorge, einer Art Krankheitskostenzuschuss, künftig mit einem Eigenbeitrag zu belasten. Das Blindengeld wird ebenfalls gekürzt, eine Maßnahme, die von Beust „am meisten weh tut“: Blinde bekommen künftig mindestens 100 Euro weniger im Monat.

Verschont bleibt auch nicht die Kultur. Hier fällt besonders die Halbierung der Filmförderung ins Gewicht. Der Senat will die Förderung dem Mediencampus an der Finkenau eingliedern und senkt daher die Zuschüsse erheblich um 3,5 Millionen Euro.

Zu guter Letzt wird auch der ÖPNV wieder teurer. Die Fahrpreiserhöhung soll ab 1. Juli 2006 greifen.

Insgesamt umfasst die Sparliste 68 Punkte – nächste Woche werden noch etliche hinzukommen. PETER AHRENS