Westsahara: Die Polisario gibt nach

UN-Sicherheitsrat einigt sich auf den Plan des Sondergesandten Baker. Marokko ist isoliert

ALGIER taz ■ Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats sind seit ihrer letzten Sitzung am Freitag wieder zuversichtlich: Der so genannte „dritte Weg“ im Friedensprozess um die Westsahara wird gangbar. Die Frente Polisario, die für die Unabhängigkeit der seit 1975 von Marokko besetzten ehemaligen Kolonie an Afrikas Nordwestküste kämpft, möchte sich auf den Plan des ehemaligen US-Außenministers und UN-Sondergesandten für die Region, James Baker einlassen.

Der „dritte Weg“ zwischen endgültiger Annektion durch Marokko und der Unabhängigkeit sieht vor, dass der Landstrich gegenüber den Kanarischen Inseln weiterhin bei Marokko bleibt. Nach einer Übergangsphase mit weit gehender Autonomie soll die Bevölkerung über die Zukunft der ehemaligen Kolonie abstimmen. „Die Polisario wäre einverstanden, diesen Weg auszuprobieren“, heißt es in einem Kommunique der Befreiungsorganisation. Die Polisario macht für ihren Richtungswechsel „den nachhaltigen Wunsch verschiedener Länder im Sicherheitsrat verantwortlich“. Namentlich genannt werden die ehemalige Kolonialmacht Spanien und Algerien, auf deren Gebiet die Polisario sowie rund 150.000 Kriegsflüchtlinge seit den 70er-Jahren Zuflucht finden.

Der Autonomieplan Bakers sieht „eine Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den beiden Konfliktparteien“ vor. Das Referendum am Ende der Autonomiephase, die „nicht kürzer als vier und nicht länger als fünf Jahre“ sein soll, wird von der UNO vorbereitet werden. Drei Möglichkeiten werden zur Wahl gestellt: Die vollständige Integration der Westsahara in das marokkanische Königreich, die Unabhängigkeit oder die Weiterführung der Autonomie. Wenn keine der drei mehr als 50 Prozent erhält, wird es eine zweite Runde geben. Abstimmen dürfen all diejenigen, deren Familien nachgewiesenermaßen aus der Westsahara stammen, und wer seit 1999 ununterbrochen dort lebt.

Mit dem Meinungsumschwung bei der Polisario hatte keiner gerechnet – und am allerwenigsten Marokko. In Rabat macht sich Ratlosigkeit breit. Die Regierung setzte darauf, den Friedensprozess endlos zu verschleppen. Sie widersetzte sich immer wieder dem Zensus für eine Volksabstimmung, wie sie in einem von der UNO vermittelten Waffenstillstandsabkommen von 1991 vorgesehen war. Jetzt befindet sich Marokko in einer schwierigen Lage. Nur Frankreich unterstützt noch die harte Haltung Rabats. REINER WANDLER