Ein treuer Freund Mordechai Vanunus

Der Journalist Peter Hounam, der die Geschichte des israelischen Atomtechnikers veröffentlichte, wird festgenommen

Die Freundschaft zwischen Peter Hounam und Mordechai Vanunu beginnt in Form eines geschäftlichen Treffens im australischen „Sydney Hilton“. Es ist Sommer 1986. Der eigens aus London angereiste Reporter der Sunday Times mit Universitätsabschluss im Fach Physik soll herausfinden, was es mit den spektakulären Informationen des jungen Israeli, einem ehemaligen Mitarbeiter der Atomforschungsstation in Dimona, auf sich hat. Zwölf Tage sitzen die beiden Männer zusammen in dem Hotelzimmer, bis sie beide nach London zurückfliegen, um die Geschichte an die Öffentlichkeit zu bringen. Kurze Zeit später wird Vanunu von einer israelischen Geheimagentin in die Falle gelockt und nach Israel entführt.

Als würde den heute 60-jährigen Journalisten ein ähnliches Schicksal ereilen, gleicht seine Verhaftung am Mittwochabend, auch wenn sie an Spektakularität deutlich hinterherhinkt, der Entführung seines um zehn Jahre jüngeren Freundes. Mit Mühe gelingt es Hounam, per Zuruf eine in der Hotellobby sitzenden Amnesty-international-Mitarbeiterin von seiner Festnahme in Kenntnis zu setzen. Kontakte zu seinem Anwalt bleiben ihm zunächst untersagt.

Wie Vanunu, für dessen Schicksal er nicht zu Unrecht eine persönliche Verantwortung empfindet, ist Hounam dem israelischen Geheimdienst ausgeliefert. 18 Jahre lang hält er seinem Informanten die Treue, ohne ihn im Gefängnis besuchen zu dürfen. Kurz nach Vanunus Entlassung vor gut einem Monat sagt er gegenüber der Presse, als Journalist liege ihm daran, die Öffentlichkeit über „das Zerrbild der Justiz, das sich hier abspielt“, aufzuklären.

Hounam trifft vermutlich eine Mitschuld an Vanunus Verhaftung. So übergeht er in jenem Sommer 1986 den Mittelsmann Oscar Guerrero, durch den er auf den Israeli aufmerksam gemacht wird. Das bringt Guerrero dazu, so lauten zumindest Berichte, sich an den Mossad zu wenden. In jedem Fall versuchte Guerrero, die Geschichte selbst an das Konkurrenzblatt Sunday Mirror zu verkaufen.

Hounam protestiert gegen die britische Regierung, die nicht genug getan habe, um Vanunu zu schützen. Er nimmt Verbindung mit Menschenrechtsorganisationen auf und arbeitet anschließend an einer Dokumentation für die BBC über Vanunu. Als er seinen Freund aus dem Gefängnis herauskommen sieht, ist er „erschreckt und gleichzeitig von Freude gepackt“, wie er in der Sunday Times schreibt. Hounams Bericht über diesen Tag ist beinah mehr seine eigene Geschichte als die Vanunus. Er schreibt über Vanunus Hemd, „das ihm meine Frau gekauft hat“, und darüber, wie er für Vanunu eine Wohnung in Jaffa besorgte. Und schließlich über seine Tränen, als er Vanunu in die Arme nimmt. Ohne falsche Bescheidenheit nennt er seine Veröffentlichungen eine „außergewöhnliche Geschichte von weltweiter Bedeutung“. Kein Zweifel, dass die Geschichte für seine eigene Karriere bedeutungsvoll war. SUSANNE KNAUL