Castrop verkauft und leiht sich Realschule

Castrop-Rauxel will mit privatem Schulbau Geld sparen. Die Opposition der CDU-regierten Stadt kritisiert das riskante Geschäft mit der Wirtschaft: In den nächsten 30 Jahren sei so ein Drittel des Schulhaushalts verplant

Castrop-Rauxel taz ■ Die Stadt Castrop-Rauxel will ihrer Geldnot mit privaten Schulbau Abhilfe verschaffen. In einem Public-Private-Partnership (PPP)-Modell hat die CDU-regierte Kommune die MBN Bau AG mit der Errichtung einer neuen Realschule und zweier Turnhallen beauftragt und will damit bis zu fünf Millionen Euro sparen. Der Mietkauf, bei dem die Stadt die Gebäude über einen Zeitraum von 30 Jahren abbezahlt, wird von SPD und Grünen kritisiert.

Auch in anderen Städten in NRW, wie etwa in Köln, will man versuchen, mit PPP Geld zu sparen. Das NRW-Finanzministerium begleitet sogar sieben Städte bei ihren Versuchen. Während in etlichen Modellen die Baufirma auch zum Betreiber wird und sich Kritiker um die Arbeitsplätze von Putzfrauen und Hausmeistern sowie um zukünftige Sanierungen sorgen, ist das Projekt in Castrop-Rauxel auf den Bau beschränkt. Trotzdem kritisiert Ulrich Werkle, Stadtratsmitglied der Grünen, das Finanzierungskonzept: „Nach ersten Berechnungen wäre die Sanierung der anderen Realschule billiger gewesen. Dann hieß es plötzlich, eine neue Schule sei günstiger.“ Zahlen zu den neuen Einsparmöglichkeiten seien jedoch nie offen gelegt worden. Auch Hans-Felix Beisenherz, Fraktionsvorsitzender der Castrop-Rauxeler SPD, ist skeptisch: „Die Konstruktion ist undurchsichtig, die Kosten sind schön gerechnet und ich kann keine Einsparnisse gegenüber einem kommunalen Kredit erkennen.“ Heiko Dobrindt, Technischer Beigeordneter der Stadt, betont, dass Privatunternehmen im Gegensatz zu Kommunen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau günstigere Kredite bekommen. „Außerdem liegen Planung, Bau und Finanzierung in einer Hand. So sparen wir zwischen 20 und 35 Prozent der Kosten, also bis zu 5 Millionen Euro.“

Die Stadt zahlt der MBN Bau AG über einen Zeitraum von 30 Jahren 500.000 Euro pro Jahr für den Bau der Schule. „Damit ist ein Drittel unserer Schulpauschale für 30 Jahre verplant, das ist sehr riskant“, sagt Hans-Felix Beisenherz. Der Beigeordnete Dobrindt hält dagegen: „Andere Modelle würden die Kommune genauso belasten.“

Nicht eingerechnet ist dabei das Grundstück, denn das soll nach Plänen der Stadt keinen Cent kosten. In ihrem Auftrag vermarktet die Firma WestGkA das Gelände, auf dem die Schule und Wohnbebauung entsehen sollen. Geplant ist, mit dem Verkauf der etwa 50 Eigenheime die Schule mitzufinanzieren. „Die Schule hat faktisch noch gar kein Grundstück und wie erfolgreich die Vermarktung seien wird, ist fraglich, denn es ist kein Top-Grundstück“, sagt Beisenherz. Ulrich Werkle warnt: „Die Stadt trägt das Risiko und es drohen Millionen-Verluste bei Nichtvermarktung“. Hilmar Claus, Fraktionsvorsitzender der CDU, gesteht ein: „Die Hoffnung liegt darin, die Grundstücke zu verkaufen und das birgt auch ein gewisses Risiko.“

Ansonsten ist Claus jedoch sicher, mit PPP Geld zu sparen. „Wir brauchen in Castrop-Rauxel mehr Realschulplätze und eine neue Schule ist mit PPP günstiger als die Sanierung der alten.“ Werkle und Beisenherz halten eine zweite Realschule für überflüssig: „Vor dem Hintergrund sinkender Schülerzahlen ist das unsinnig“, sagt Beisenherz. Mit Blick auf SPD und Grüne wie auch auf die CDU sagt Heiko Dobrindt: „In der ganzen Diskussion um das PPP spielt die Schulpolitik der Parteien eine große Rolle – beide Seiten versuchen, jedes Haar in der Suppe zu finden.“ TIMO NOWACK