Spanien rückt von der Westsahara ab

Der neue Ministerpräsident Zapatero möchte die Beziehungen zu Marokkos Regierung verbessern

MADRID taz ■ Die Befreiungsbewegung Polisario fürchtet, alleine gelassen zu werden. „Spanien ist dabei, sich hinter die marokkanische Besatzung der Westsahara zu stellen“, beschwert sich Mohammed Sidati, Europa-Sprecher der Polisario. Die Organisation tritt für die Unabhängigkeit der ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara ein.

Der Landstrich an der afrikanischen Küste gegenüber den Kanarischen Inseln ist seit 1975 von Marokko besetzt. Die Polisario konnte bisher in der UNO auf die Unterstützung Spaniens setzen. Die neue spanische Regierung unter dem Sozialisten José Luis Zapatero scheint von dieser Haltung abzurücken. Auf Zapateros Antrittsreise nach Marokko vor zwei Wochen war viel von einem Neuanfang der Beziehungen die Rede. König Mohammed VI. und sein Premier Driss Jetou versprachen eine enge Kooperation im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus und bei der Kontrolle der illegalen Einwanderung nach Spanien. Doch die Westsahara kam kaum zur Sprache. Zapatero verlangte „einen breiten, intensiven Dialog“, statt auf eine Einhaltung des UN-Friedensplanes durch Marokko zu drängen.

„Die Beziehungen beider Länder dürfen nicht auf unserem Rücken verbessert werden“, erklärt Polisario-Sprecher Sidati empört. Die Polisario wirft Zapatero vor, er habe in Marokko mit keinem Wort das Lösungsszenario der UNO zur Sprache gebracht. Der von James Baker, dem Sondergesandten von UN-Generalsekretär Kofi Annan, ausgearbeitete Plan sieht vor, dass das Gebiet zunächst eine Autonomieregierung erhält und die 200.000 Flüchtlinge aus Algerien in die besetzten Gebiete zurückkehren können. In spätestens fünf Jahren soll dann ein Volksentscheid über den Verbleib bei Marokko oder die Unabhängigkeit durchgeführt werden. Während die Polisario dem zustimmt, blockiert Marokko das Vorhaben, wie zuvor auch schon eine Volksabstimmung über die Zukunft der Westsahara.

Zapateros Verhalten sei in diesem Kontext „kontraproduktiv und bestärke Marokko in seiner starren Haltung“, erklärt Sidati. Der Unmut der Sahrauis verstärkte sich kurz nach Zapateros Marokko-Aufenthalt noch. Der Sozialist stattete dem französischen Präsidenten Jacques Chirac seinen Antrittsbesuch ab. Zapatero versprach in Paris eine gemeinsame franko-spanische diplomatische Offensive, um den Westsahara-Konflikt zu lösen. Paris hat in der Vergangenheit Marokko immer wieder bei der Verschleppungstaktik unterstützt.

REINER WANDLER