„Dat macht dann 3 Kölsch“

Nach „Roland“ und „Berliner“: Euro in Großstädten weiter auf dem Rückzug

Das Kürzel „PR“ – so viel Commonsense sollte sein – steht für „parapubertärer Reklamequatsch“. Auf dem Schlachtfeld der Öffentlichkeitsarbeit hat noch jeder Quartanerscherz, und sei er das Wappen der Einfalt selbst, seine Nachahmer gefunden. Ohne Rücksicht auf irreversiblen Humorverlust gilt allenthalben: Was ihr habt, müssen wir schon lange haben. Und so wird abgekupfert, dass die Schwarte kracht. Eine hippe Jacke, deren Reißverschluss die Silben HAM und BURG trennt, darf selbstredend kein Unikum bleiben. Eine Idee, welche nicht der Hauptstadt entkroch? Ungeheuerlich! Unverzüglich haben BER und LIN anzutreten, und andernorts, wo’s noch nicht mal für zwei Silben reicht, scheidet man fortan COL von OGNE.

Die neueste PR-Eselei ist bereits ein Jahr alt und stammt aus Bremen: An der Weser zahlt der moderne Hanswurst inzwischen nicht mehr mit Euros, sondern mit „Rolands“. Die Idee einer imagepolierenden Regionalwährung kommt eigentlich aus dem Oberbayerischen: Auf Initiative einer Waldorfschule war dort der „Chiemgauer“ ins Leben gerufen worden; man wolle, so heißt es dort unter Berufung auf den Oberesomanen Rudolf Steiner, dem Bürger wieder einen direkteren Bezug zu Geld und Heimat ermöglichen.

Was der Provinz nicht schadet, gereicht uns allemal zum Ruhm, haben sich nun einige Kapitalenköpfe gedacht und flugs den „Berliner“ als Zahlungsmittel in Prenzlauer Berg eingeführt. Guter Zweck natürlich inbegriffen: Wer den Klamauk irgendwann satt hat, drückt beim Rücktausch ein hübsches Provisiönchen von fünf Prozent ab. Der Erlös kommt sodann jenem „Zweck“ – wahrscheinlich der Errichtung neuer Waldorfschulen – zugute.

Das Hornochsenspiel macht, wie immer, fleißig die Runde: Aus der Rheinmetropole ist durchgesickert, man wolle künftig ein Einsehen mit Biergenießern haben und ihnen das „Kölsch“ nicht länger als Getränk, sondern als Bares aufdrängen. Um möglichen Verwechslungen vorzubeugen, hätten sämtliche Gastronomen der Stadt ihren Ausschank auf Pils umzustellen, Zuwiderhandlungen würden per Verhängung eines Bußgeldes von nicht unter 500 Kölsch geahndet.

Den Vogel indes schießt diesmal Hamburg selbst ab. Wie aus Senatskreisen verlautete, beobachte man den Rückzug des Euros aus deutschen Großstädten schon seit geraumer Zeit mit kritischem Interesse. Man wolle allerdings die Fehler anderer vermeiden und die ortsansässigen Nahrungshersteller nicht verprellen. Das beliebte Bulettensandwich dürfe nach wie vor als „Hamburger“ feilgeboten werden, man beabsichtige vielmehr, bei der Namensgebung einer neuen Stadtwährung den hanseatischen Nachbarn aus Bremen nachzueifern.

Bereits in Planung befinde sich nämlich die Einführung eines Hamburger „Ronalds“. Als Pilotzone für das Projekt sei vornehmlich der unter Kennern auch „Gemischtwarenladen“ geheißene Stadtteil St. Georg im Gespräch. Von dortigen Kleinkrämern erwarte man sich ganz besonders hohen Zuspruch; eine rege Beteiligung an Tausch- sowie Rücktauschofferten (hinter vorgehaltener Hand auch als „Vollwaschgang“ bezeichnet) sei hier auf alle Fälle absehbar.

Auch hinter den Hamburger Plänen lauert ein guter Zweck: Gewinne aus dem „Ronald“-Projekt würden, so ein Pressesprecher, „vollumfänglich“ in den neuen Südamerika-Fonds der Hansestadt fließen. Der Fonds dient der Finanzierung einer mehrjährigen Beratertätigkeit in Argentinien und Chile, welche in Zusammenarbeit mit diversen Entwicklungshilfevereinen erfolgt und für die der ehemalige Innensenator der Stadt vorgesehen ist.

Durch seine langjährige Berufspraxis als Experte ausgewiesen, soll er den Regierungen in Buenos Aires und Santiago beim Aufbau moderner Justizapparate zur Seite stehen.

ROLAND BURSCH