Original kopiert

Kritiker der WTO haben sich für ihre Website den Namen der Vorgängerorganisation „Gatt“ ausgeliehen

Wer die Seite www.gatt.org aufruft, erkennt erst auf den zweiten Blick die Unterschiede zu www. wto.org. Die eine ist das Original, die andere die kritische Kopie: ein Portal zu verschiedenen Projekten von Globalisierungskritikern. Hinter „WTO News“, „WTO Ministerials“ oder „Trade Topics“ stecken Statistiken über die Schäden der Globalisierung, ökologische Kritik am Welthandel oder Aufrufe zu Aktionen und Kongressen. Ein Renner ist das Kartenspiel unter www.gatt.org/regime. Statt der 55 meistgesuchten Iraker werden Bush, Blair, Aznar und ihre Krieger zur Fahndung ausgeschrieben.

Das Verwirrspiel um das Web-Layout begann schon 1999 im Vorfeld des WTO-Gipfels von Seattle. „Kopiere, kleben und mit eigenen Inhalten anreichern“, heißt seither das Prinzip. Sehr zum Leidwesen der WTO selbst, die befürchtet, „dass die Besucher durcheinander kommen“. „Es ist schon komisch, während der WTO vorgeworfen wird, nicht transparent genug zu sein, verstecken einige Kritiker, die falsche Informationen verbreiten, ihre Identität“, heißt es in einer WTO-Presseerklärung.

Die Betreiber von www.gatt .org stört dies nicht. „Wir bekommen immer mehr lustige Mails“, schreibt der Web-master. Er meint damit die Einladungen zu Fernseh- und Radiodebatten sowie zu Vorträgen an Universitäten. Die Gastgeber wollen meist das Original und sind dann völlig verblüfft, wenn sie statt des Loblieds auf den Welthandel einen Vortrag über „Hamburger, die töten“ zu hören bekommen. Unter www.theyesman.org/wto/ sind die besten Geschichten dieser Art zusammengetragen.

Auch die WTO kann nicht mehr an www.gatt .org vorbei. Original und Fake stehen in Verhandlungen über eine Teilnahme der WTO-Kritiker am nächsten WTO-Gipfel.

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