Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: König? Kaiser? Bettelmann?

Dass im Rheinischen die Uhren ein wenig anders ticken als im Rest der Republik, braucht niemand extra zu erwähnen. Auch hat es sich herumgesprochen, dass diese hässlichen pseudomilitärischen Kostümchen, die im organisierten Kölner Karneval allenthalben getragen werden, auf die Veralberung der einstigen preußischen Besatzer zurückgehen. Im Rheinland ist man gerne, wenns ums Nationale geht und man nicht gerade zufällig selbst den Kanzler stellt, ein wenig widerständig – auch wenn das für den Nichtrheinländer nicht immer leicht zu erkennen ist.

Deshalb darf man das schwarzrotgoldene Sonderangebot einer Kölner Bäckerei, das dem taz.mag diskret zugespielt wurde, nicht leichtfertig und unhinterfragt als nationalpatriotisches Jedöns abtun. Was in der Hauptstadt als unangenehmes Lockangebot für Herthafans und Militariafetischisten verurteilt, aber hingenommen werden müsste, ist am Rhein womöglich nichts als beißende Ironie.

Zunächst einmal müssen wir uns fragen: Was ist das überhaupt für ein Sonderangebot? Kaisersemmeln – jawohl, die kann man auch in Berlin und in Hamburg kaufen, nur heißen sie dort Kaiserbrötchen. Aber schon sind wir mit unserem Rheinisch am Ende. Es reicht nur noch für die Fragen: Watt is überhaupt enne Volksbrot? Un watt sinn Reihweckchen?

Nur so viel können wir aus fast sechshundert Kilometer Distanz mit Bestimmtheit sagen: Diese schwarzrotgüldenen Backwaren sind allesamt sagenhaft billig, direkt hinterhergeschmissen. Dass ein Volksbrot nicht teuer sein darf, versteht sich von selbst, das wird so etwas wie ein Minimalbrot sein: bisschen Wasser, bisschen Mehl, zwei Krümel Salz, ab in den Ofen. Aber 75 Cent für zehn Kaisersemmeln? Da kann man nur beten, dass die Semmeln sehr, sehr klein sind. Sonst nämlich müssen sie ausgesprochen minderwertig sein. Vielleicht ist ja grade das der Witz? Oh, these Colonians! RKR