Aktionsplan gegen Antisemitismus

EU-Kommissionspräsident Romano Prodi und Außenminister Joschka Fischer rufen zum Kampf gegen Antisemitismus auf. Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel warnt: Antisemitismus sei nach wie vor noch „eine europäische Krankheit“

BRÜSSEL afp/epd/ap ■ Jüdische Organisationen, europäische Politiker und Religionsvertreter haben dazu aufgerufen, dem Antisemitismus in Europa energisch entgegenzutreten. „Der Antisemitismus ist zurück. Das Ungeheuer ist wieder bei uns“, sagte der Vorsitzende des Europäischen Jüdischen Kongresses (EJK), Cobi Benatoff, auf dem eintägigen Antisemitismus-Seminar der EU gestern in Brüssel. Benatoff beklagte insbesondere die „Gleichgültigkeit unserer europäischen Mitbürger“.

Außenminister Joschka Fischer (Grüne) forderte die Teilnehmer auf, einen Aktionsplan gegen den Antisemitismus zu verabschieden. „Wir können Antisemitismus ebenso wenig zulassen wie Rassismus und Intoleranz“, sagte Fischer. In diesem Sinne äußerte sich auch EU-Kommissionspräsident Romano Prodi in seiner Eröffnungsrede. „Wir müssen alle verfügbaren Instrumente (…) einsetzen, von der Polizei, der Justiz bis zur Bildung und zu sozialen Maßnahmen.“ Prodi betonte zugleich, das heutige Europa sei mit dem der 30er- und 40er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts nicht vergleichbar.

Der Friedensnobelpreisträger Elie Wiesel warnte, der Antisemitismus sei nach wie vor „eine europäische Krankheit“. In jüdischen Gemeinden werde wieder gefragt, ob Juden Europa verlassen müssten. Es vergehe kein Tag, an dem nicht irgendwo in Europa ein antisemitischer Vorfall auftrete. Dies zu kritisieren reiche nicht aus. Vielmehr müsse Antisemitismus enttarnt und wirksam bekämpft werden, sagte Wiesel. Die Konferenz ist das Ergebnis eines Streits zwischen der EU-Kommission und den jüdischen Gemeinden in Europa. Im vergangenen Jahr hatte die Brüsseler Behörde eine Umfrage veröffentlicht, nach der eine Mehrheit der Europäer Israel als größte Gefahr für den Weltfrieden sah.

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