Kofferträger gestehen

Im neuen Prozess zum Schmiergeldskandal beim Siemens-Konzern geht es erstmals explizit um Bestechung

MÜNCHEN taz ■ Sie haben gestanden, schon am ersten Verhandlungstag. Zwei ehemalige Siemens-Angestellte stehen seit Dienstag in München wegen ihrer Beteiligung am milliardenschweren Schmiergeldskandal des Elektrokonzerns vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft beiden vor, den bereits verurteilten Siemens-Direktor Reinhard S. bei der Verwaltung schwarzer Kassen unterstützt zu haben. Nach ihren umfassenden Geständnissen sprach der Vorsitzende Richter Peter Noll von guten Chancen auf milde Bewährungsstrafen.

War es im Prozess gegen Reinhard S. noch ausschließlich um den Vorwurf der Untreue gegangen, wirft die Anklage seinem langjährigen Helfer Heinz K. nun auch explizit Beihilfe zur Bestechung vor. Die Staatsanwaltschaft legte eine detaillierte Liste mit hohen Geldbeträgen vor, die Siemens-Mitarbeiter an führende Beamte und Manager in Nigeria und Russland gezahlt hatten, um dem Konzern Aufträge zum Aufbau von Telefonnetzen zu sichern. Ein nigerianischer Kommunikationsminister wurde demnach ebenso mit Millionenbeträgen bedacht wie mehrere Generaldirektoren russischer Telekomkonzerne.

Beide Angeklagten, Heinz K. und Wolfgang R., hatten anfangs vor allem die Aufgabe, das für diskrete Zahlungen bestimmte Schwarzgeld in Koffern zu transportieren. K. hatte im ersten Prozess im Sommer als Zeuge ausgesagt, dass ihm die schweren Geldkoffer ein Rückenleiden beschert hätten. Als man dazu überging, das Geld per Überweisung über ein Netz von Scheinfirmen zu verteilen, leisteten R. und K. auf zahlreichen Zahlungsanweisungen die Unterschriften.

Der zuständige Manager aus dem Siemens-Bereichsvorstand, der das Schwarzgeldsystem jahrelang gedeckt haben soll, weigert sich, beim Prozess auszusagen. Das Urteil über die zwei Kofferträger soll noch in dieser Woche fallen. BERNHARD HÜBNER