Irak-Widerstand spaltet Kritiker

Streit um Aufruf zum Widerstand im Irak durch die indische Globalisierungskritikerin Roy. 25 Tote bei Anschlag vor der US-Zivilverwaltung in Bagdad. Zahl der getöteten US-Soldaten steigt auf 500

BAGDAD/BOMBAY taz ■ Während neue Bombenanschläge im Irak am Wochenende mindestens 30 Tote forderten, ist unter Globalisierungskritikern auf dem Weltsozialforum in Bombay ein heftiger Streit darüber ausgebrochen, ob der Widerstand im Irak unterstützt werden soll. Anlass war ein entsprechender Aufruf der weltbekannten indischen Schriftstellerin Arundhati Roy. Sie verlangte vor rund 50.000 Menschen, „selbst zum Widerstand im Irak“ zu werden.

Mindestens 25 Menschenleben, darunter größtenteils irakische Zivilisten, forderte gestern ein Sprengstoffanschlag vor dem Hauptsitz der US-Zivilverwaltung in Bagdad. Ein mit Sprengstoff gefüllter Lieferwagen explodierte inmitten einer Warteschlange von rund 300 Menschen, die auf Einlass in das Gelände gewartet hatten. Unter den Toten befinden sich auch zwei Mitarbeiter des Pentagon. Die Zahl der Verletzten wurde mit etwa 130 angegeben.

Am Samstag waren bei einem Anschlag auf einen US-Armeekonvoi nördlich von Bagdad drei US-Soldaten und zwei irakische Hilfspolizisten getötet worden. Damit stieg die Zahl der seit Kriegsbeginn im Irak getöteten US-Soldaten auf 500.

Unterdessen stritten die Teilnehmer des Weltsozialgipfels in Bombay über die Unterstützung des irakischen Widerstands. Vertreter von Attac distanzierten sich von der indischen Schriftstellerin und Bürgerrechtlerin Arundhati Roy. Diese hatte zur Unterstützung der irakischen Gegenwehr gegen die US-Besatzung aufgerufen. „Wenn wir wirklich gegen Neoliberalismus und Imperialismus sind, müssen wir den Widerstand im Irak nicht nur unterstützen, sondern selbst zum Widerstand im Irak werden“, sagte Roy. Ob damit auch Gewalt gegen Personen gemeint sei, ließ sie offen. „Wir müssen uns als im Krieg befindlich begreifen“, sagte Roy weiter.

Philipp Hersel von Attac kritisierte Roy. Er sehe die Gefahr „einer Solidarisierung mit Leuten, die nicht zur Bewegung gehören“. Hersel hält es für falsch, sich für „eine grundsätzliche Unterstützung für den Widerstand“ im Irak auszusprechen. Schließlich sei Attac dem Prinzip der Gewaltfreiheit verpflichtet. Gewaltlose Aktionen seien aber nicht „die typische Widerstandsform im Irak“, so der Attac-Aktivist.

Nichtregierungsorganisationen, besonders aus Asien, brachten der Forderung Roys mehr Sympathie entgegen. Nicola Bullard von „Focus on the Global South“ aus Bangkok etwa erklärte, dass sie auch bewaffneten Widerstand gegen die US-Truppen im Irak für legitim halte.

Arundhati Roy rief die Globalisierungskritiker dazu auf, bis zum Abschluss des Forums am Mittwoch „zwei US-Konzerne“ zu benennen, die „von der Zerstörung des Irak profitieren“. Deren Einrichtungen sollten dann in der kommenden Zeit „dichtgemacht“ werden.

Diese Taktik, Unternehmen zum Fokus des weltweiten Protests gegen den Irakkrieg zu machen, hält auch Attac für richtig. Aktivist Sven Giegold schlug vor, dass auch ein „europäischer Konzern“ zum Ziel „einer Art weltweiten Boykotts“ werden solle. HANNES KOCH/KLH

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