bildungspolitik
: Elite-Unis ohne Selbstbedienung

Beim Thema Elite werden alle ganz hippelig. Jetzt auch wieder, anlässlich der SPD-Vorschläge zur Elite-Uni. Die einen verkünden aufgeregt, dass uns nur noch „Centers of Excellence“ helfen können, weil ohne sie der technisch-wissenschaftliche Abstieg drohe. Die anderen wittern sofort die Wiedereinführung der Klassengesellschaft – ebenfalls im Dienst der Standortpolitik, nur negativ verstanden.

KOMMENTARVON DIRK KNIPPHALS

Das Gelände ist also vermint. Hier wirkt Geschichte nach: In Deutschland ist das Wort Elite immer noch mit harscher sozialer Hierarchie verknüpft. Wer es benutzt, gerät in den Verdacht, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. In einer Gesellschaft von Aufsteigern, und in einer solchen leben wir zum Glück – weil sonst sozialer Aufstieg kaum möglich wäre –, stellt das Wort einen Kampfbegriff dar.

Doch wer die Diskussion etwas niedriger hängt, wird möglicherweise mit Gestaltungsspielräumen belohnt. Aller egalitären Rhetorik zum Trotz lassen sich die real bestehenden Eliten nicht wegdiskutieren. Und wenn wir sie schon haben, sollten wir die Chance nicht vergeben, darüber zu diskutieren, ob es wünschenswert ist, ihre Zusammensetzung zu beeinflussen.

Hoffnungsfrohe Gemüter könnten davon sogar eine eigene Dynamik erwarten. Denn in den vergangenen Jahrzehnten hat sich wenig geändert: Die Führungseliten von Wirtschaft und Wissenschaft rekrutieren sich im Wesentlichen immer noch aus sich selbst heraus. Insofern hat die bisherige Hochschulpolitik versagt. Aber das muss ja nicht für alle Zeiten so bleiben – es muss allerdings verhindert werden, dass sich die bisherige Elite auch dieser neuen Chancen bemächtigt und die Nachrückwilligen draußen hält. Besteht darüber Einvernehmen, ist gegen die neue Eliteförderung nur noch wenig einzuwenden.

Allerdings stehen hierzulande einer sinnvollen Elitendiskussion nicht allein historisch überholte Vorstellungen entgegen. Zugleich grassiert auch immer noch die Furcht vor der vermeintlichen Massengesellschaft. Auch sie ist eine Ausdrucksform des Eigeninteresses: Ganz unbegründet ist der Verdacht schließlich nicht, dass diejenigen, die das Wort Elite vollkommen ungezwungen in den Mund nehmen, sich in Wirklichkeit von den gesellschaftlichen Aufsteigern abgrenzen wollen. Nur wer auf die Begründungen für die Elite-Universitäten der Zukunft achtet, kann den Konservativen die bildungspolitische Selbstbedienung streitig machen.