Zaghafte Reformen

Flüchtlingsrat sieht Verbesserungen in der Asylpolitik. Schikanen durch Ausländerbehörde und Bezirksämter

Der Flüchtlingsrat hat eine verhalten positive Bilanz der Asylpolitik in Berlin gezogen. Durch die Möglichkeit der Unterbringung in Wohnungen statt in Heimen könnten Flüchtlinge nun ein selbstständigeres Leben führen, sagte Flüchtlingsberater Georg Classen am Mittwoch. Auch die Abkehr vom teuren Chipkartenprinzip und die Auszahlung von Bargeld stelle eine Verbesserung dar. Außerdem seien so Einsparungen im Landeshaushalt möglich geworden.

Positive Ansätze bescheinigte Classen auch der Ausländerpolitik der Innenverwaltung. Eine Bereitschaft zu Gesprächen sei klar zu erkennen, sagte Classen. Reformen würden jedoch durch die „Blockadehaltung“ der Ausländerbehörde am Nöldnerplatz stark behindert. So werde etwa mit der Verweigerung von Aufenthaltsmöglichkeiten für bosnische Flüchtlinge die bundesweite Absicht für ein Bleiberecht „gezielt unterlaufen“.

„Problembezirke“ seien weiterhin Neukölln und Reinickendorf, die, „koste es, was es wolle“, Asylbewerber aus politischen Gründen in Gemeinschaftsunterkünfte einwiesen „und dabei aufs Geld nicht achten“, so Classen. Insbesondere in den Bezirken Mitte und Reinickendorf werde zudem Flüchtlingen häufig die Sozialhilfe verweigert.

Mit dieser „extrem restriktiven Praxis“ sei Berlin bundesweit „sehr hart“, kritisierte Classen. Verbesserungen seien hingegen in der Abschiebehaft erzielt worden. So seien die Hafttatbestände auf Landesebene eingeschränkt und die Zahl der Haftplätze von 350 auf 250 reduziert worden. Positiv sei auch die Abschaffung der Trennscheiben bei Besuchen der Inhaftierten.

Handlungsbedarf sieht Classen bei der Veränderung der Zuständigkeiten für Sozialarbeit und medizinische Versorgung in der Abschiebehaft. Die Zuständigkeit der Polizei erzeuge einen „Interessenkonflikt“, der bis hin zu „Fast-Todesfällen“ von Häftlingen führe. „Wenn Polizeisanitäter entscheiden, ob ein Arzt hinzugezogen wird, kann das nicht funktionieren.“ EPD