berliner szenen Die liebe BVG

Blasse Karten

Am U-Bahnhof Hermannplatz ziehe ich in höchster Eile ein Wochenticket für 26,20. Der Automat spuckt eine blasse, fast unbedruckte Karte aus. Geld ist weg. Mist. Eine Infosäule, die ich nervös befrage, erklärt mir, dass ich das Ticket im BVG-Center eine Etage höher eintauschen kann. Ich thematisiere meinen Zeitdruck. „Da kann ich doch nichts für“, bellt die Säule. Ich fliehe die Rolltreppe hoch.

Oben ist alles dick und grau. Erst im letzten Moment unterscheide ich zwei Beamte vom Mobiliar. Außer Atem erkläre ich einem vermutlich weiblichen Beamten das Problem. Eingehend studiert er meine Karte. „Da kann man ja gar nichts drauf erkennen“, sagt er nach einer langen Weile. „Deswegen möchte ich ja auch nicht mit der Karte fahren“, erkläre ich. Der weibliche Beamte schüttelt den Kopf. „Die kann ich nicht eintauschen. Das muss ich am Ende mit meinem eigenen Geld bezahlen. So weit geht die Nächstenliebe nicht, haha.“ Er lacht kräftig. Hilfesuchend wende ich mich dem anderen Beamten zu. „Wissen Sie, was man da machen kann?“, frage ich ihn. „Nee, der weiß das auch nicht“, sagt der weibliche Beamte ohne Rücksicht auf seinen Kollegen. Ich frage den weiblichen Beamten nach seinem Vorgesetzten. „Die sind alle krank, wir sind herrenlos, haha“, lacht er und ist sauer, dass ich nicht mitlache.

Ich verabschiede meinen Zeitdruck und beschließe, einfach so lange auf die Karte zu starren, bis was Neues passiert. „Andi weiß das vielleicht“, sagt der andere Beamte plötzlich. „Andi ist nicht da“, bürstet der weibliche Beamte den Lösungsansatz nieder. Doch da kommt Andi aus dem Hinterzimmer. Er wirft einen prüfenden Blick auf die Karte und sagt: „Sieht man doch, ist eine 7-Tage-Karte, tausch doch ein.“ Danke, Andi! KATHARINA HEIN