Insekt rettet IKB

VON NICOLA LIEBERT

Der Bund wird endlich die schwer angeschlagene Deutsche Industriebank (IKB) los – und zwar an einen Finanzinvestor. Den Zuschlag erhielt die US-Firma Lone Star. Für wie viel genau, darüber wurde nach Auskunft der Verkäuferin, der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Stillschweigen vereinbart. Der Kaufpreis liege irgendwo „im niedrigen dreistelligen Millionenbereich“ – also weniger als die von der Bundesregierung erhofften 800 Millionen Euro und viel weniger als die Milliardenbeträge, die für die Rettung der Bank aufgewendet worden waren.

Die KfW hatte sich eher unfreiwillig in der Rolle des IKB-Eigners wiedergefunden, nachdem die IKB im Juli 2007 infolge dramatisch schiefgegangener Spekulationsgeschäfte mit US-Hypotheken kurz vor dem Zusammenbruch stand. Daraufhin sprang die staatseigene KfW der IKB durch Risikogarantien, Darlehen und Kapitalspritzen in Höhe von insgesamt 7,2 Milliarden Euro zur Seite und erhielt im Gegenzug 90,8 Prozent der IKB-Anteile. Seit Jahresanfang suchte sie nach einem Käufer.

Die texanische Private-Equity-Firma Lone Star ist in Deutschland kein unbeschriebenes Blatt, spätestens seit sie 2002 – erfolglos – für die ins Trudeln geratene Bankgesellschaft Berlin bot. 2005 übernahm sie dann von den Gewerkschaften die angeschlagene Hypothekenbank AHBR, die heute als Corealcredit Bank firmiert und wieder Gewinne macht. Neben Finanzfirmen investiert Lone Star vorzugsweise in Immobilien und notleidende Kredite. So hat die Beteiligungsfirma auch deutschen Banken zahlreiche Immobiliendarlehen abgekauft – und machte anschließend ihrem Ruf als Heuschrecke mit rabiaten Inkassomethoden alle Ehre. Selbst Hausbesitzer, die ihre Hypothek stets bedient hatten, sahen sich plötzlich mit einer drohenden Zwangsversteigerung konfrontiert.

KfW-Vorstandssprecher Wolfgang Kroh sah gestern jedoch Anlass zur Freude. Lone Star habe zugesichert, die auf Darlehen für mittelständische Unternehmen spezialisierte IKB zu erhalten. Und die KfW bleibe auf keinen „unüberschaubaren Risiken“ sitzen. Wegen des niedriger als erhofft ausgefallenen Kaufpreises könnten zwar noch weitere bilanzielle Belastungen für die KfW entstehen, so Kroh. Doch dürfte sich die Gesamtbelastung der KfW auf maximal 8 Milliarden Euro beschränken.

Nach Angaben von IKB-Chef Günther Bräunig will der Investor den größten Teil der Risiken übernehmen: Lone Star wolle notleidende Wertpapiere im Nennwert von 3,3 Milliarden Euro in eine weitere Zweckgesellschaft auslagern und diese mit frischem Kapital ausstatten. Bei der KfW würden 1,3 Milliarden Euro an Wertpapieren verbleiben.

Die KfW war durch die IKB-Rettungsaktionen tief in die roten Zahlen gerutscht. In welcher Höhe öffentliche Gelder zur Sanierung der Bank abgeflossen sein werden, zeigt sich wohl erst in der Zukunft, meint Alexandra Krieger, Finanzexpertin bei der Hans-Böckler-Stiftung. Die Kapitalerhöhung über 1,25 Milliarden Euro, die durch den niedrigen Kaufpreis nur zum kleinen Teil aufgewogen wird, erhält Lone Star gewissermaßen als Mitgift. Bei den notleidenden Wertpapieren dagegen, für die die KfW Garantien abgegeben hat, ist das wirkliche Ausmaß der Verluste zurzeit noch nicht absehbar. Nicht jede wackelige Hypothek muss am Ende wirklich abgeschrieben werden.

Was aber treibt Lone Star überhaupt dazu, nicht nur die Krisenbank, sondern auch das kriselnde Wertpapierportfolio zu erwerben? Die Antwort der Finanzexpertin Krieger: „Die Risiken hat sich Lone Star ja mit einem kräftigen Kaufpreisabschlag vergüten lassen. Nun spekuliert der Finanzinvestor darauf, dass er die Wertpapiere irgendwann, wenn sich die Immobilienkrise beruhigt hat, doch noch mit Gewinn verkaufen kann.“