Kopftuchkrise in Türkei

Urteil gegen Kopftücher an Unis versetzt die regierende AKP in Rage: Entscheidung komme einem Putsch gleich

ANKARA dpa ■ Der Türkei droht nach der juristischen Niederlage der islamisch-konservativen Regierung im Kopftuchstreit eine innenpolitische Krise. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan traf gestern die Führung seiner Regierungspartei AKP zu einer Dringlichkeitssitzung, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Als eine der Optionen sollten Neuwahlen auf den Tisch kommen, berichteten türkische TV-Sender. Derweil sagte Erdogan eine Reise zum ersten EM-Spiel der Türkei am Samstag in Genf ab.

Am Donnerstag hatte das türkische Verfassungsgericht die von der AKP durchgesetzte Freigabe des Kopftuches an Hochschulen gekippt. Entsprechende Änderungen der Verfassung verstoßen nach Entscheidung der Richter gegen die laizistischen Prinzipien der Türkei, also die Trennung von Staat und Religion.

Türkische Zeitungskommentatoren schrieben gestern, die Entscheidung der Richter sei auch ein Hinweis auf ein zu erwartendes Parteienverbot der AKP. Gegen sie läuft ein Verbotsantrag, in dem die Regierungspartei beschuldigt wird, islamistische Pläne für die Türkei zu haben.

Die AKP-Führung kritisierte scharf die Entscheidung der Richter, die mit neun gegen zwei Stimmen getroffen worden war. Fraktionsvize Bekir Bozdag sagte, das Gericht habe seine Befugnisse überschritten und damit die Verfassung gebrochen. Andere AKP-Politiker warfen den Richtern vor, eine politische Entscheidung getroffen zu haben, die einem Putsch der Justiz gegen die Regierung gleichkomme. Das Kopftuchverbot ist nach Ansicht der EU-Kommission Sache der Türkei. Dies erklärte eine Sprecherin der Kommission gestern.