Verantwortlich für „Verschwundene“

Human Rights Watch richtet schwere Vorwürfe an die Regierung Sri Lankas

BERLIN taz ■ Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Regierung von Sri Lanka. In einem am Donnerstag vorgelegten Bericht wird die Regierung beschuldigt, für zahlreiche Entführungen und das Verschwindenlassen von Personen verantwortlich zu sein. Die Organisation spricht in diesem Zusammenhang von einer „nationalen Krise“.

Seitdem 2006 der gewaltsame Konflikt zwischen den Regierungstruppen und den separatistischen Tamil Tigers (LTTE) wieder aufgeflammt sind, haben sri-lankische Truppen und der Regierung nahestehende bewaffnete Gruppen Schätzungen zufolge mehr als 1.500 Personen verschwinden lassen. Dies ist die höchste Zahl weltweit. Es wird befürchtet, dass viele der verschleppten Personen tot sind. In dem 241-seitigen Bericht werden konkret 99 Fälle dokumentiert. Die meisten Opfer sind ethnische Tamilen.

HRW kritisiert, dass nicht ein einziges Mitglied der Sicherheitskräfte wegen der Beteiligung am Verschwindenlassen oder an Entführungen vor Gericht gestellt wurde. „Solange Soldaten oder Polizei solche Übergriffe begehen können, ohne Strafen fürchten zu müssen, wird dies schreckliche Verbrechen weitergehen“, sagte die stellvertretende HRW-Asien-Direktorin Elaine Pearson.

Eine hochrangige internationale Expertenkommission, die zur Zeit auf Einladung der Regierung die Menschenrechtslage in Sri Lanka untersucht, kündigte am Donnerstag an, das Land vorzeitig zu verlassen. Die Internationale Unabhängige Gruppe Angesehener Personen (IGEP) warf der Regierung vor, bei Untersuchungen gegen internationale Mindeststandards zu verstoßen. Außenminister Palithat Kohona wies die Kritik von HRW zurück. Die Organisation neige dazu, die reale Situation zu übertreiben, sagte er laut BBC. SVEN HANSEN