Der ungelaunt unterhaltsame Physiker

Joachim Bublath steht für die Widerlegung dreier gängiger Thesen. These eins: Die Vermittlung von komplexen Forschungsergebnissen bedarf der Schriftform und muss unbedingt grausam langweilig sein. Bublath aber gehörte zu den Pionieren der Wissenschaftssendungen im deutschen Fernsehen – und bewies das Gegenteil.

These zwei: Promovierte Physiker haben alles, was man braucht, um zum Beispiel Physiker zu werden – aber nur ja kein Moderator einer TV-Sendung. Bublath aber ist promovierter Physiker – und seit Jahrzehnten Fernsehmoderator.

Und These drei: Die öffentlich-rechtlichen Sender kopieren alle Formate, die sie bei den Privaten sehen, entschärfen sie, bis sie keinen Spaß mehr machen, und nennen das dann jugendaffines Konzept. (Demnächst führt zum Beispiel Thomas Gottschalk durch eine Musical-Castingsh… schnarch – was? Sorry, eingeschlafen). Bei Joachim Bublath war es anders herum: Die Privatsender klauten von ihm und dem ZDF. In den Achtzigerjahren hatte er ein Konzept erfunden, von dem sich in den Neunzigern herausstellte, dass ihm die Zukunft gehören sollte: die Wissenssendung mit Breitenwirkung. Seine „Knoff-hoff-Show“, die von 1986 an lief, war eine Show, in der er mit spielerischen Mitteln, einem hervorragend ausgestatteten Modellbaukasten und einer Bigband einem breiten Publikum physikalische Phänomene erklärte.

„Naturwissenschaft und Technik sind sehr wichtig für unsere hoch technisierte Gesellschaft“, sagt Bublath – und so versuchte er, komplexe Sachverhalte Laien nahezubringen; nach der „Knoff-hoff-Show“ etwa bei „Faszination Erde“, „Faszination Universum“ oder „Joachim Bublath“.

„Fernsehen hat die Möglichkeit, die Wohnzimmerstuben zu erreichen“, sagt er, und diese Möglichkeit habe er stets nutzen wollen. Erst beim Hessischen Rundfunk – er hatte in Frankfurt studiert. Von 1981 an dann in der ZDF-Redaktion „Naturwissenschaft und Technik“, deren Leitung er Ende März nach 27 Jahren abgibt. Heute um 22.15 Uhr moderiert Joachim Bublath, der 2007 als Wissenschaftsjournalist des Jahres ausgezeichnet wurde, zum letzten Mal seine nach ihm benannte Magazinsendung im ZDF und geht – neuen Projekten entgegen, über die er aber noch nichts verraten will.

In Erinnerung bleiben wird er als einer der wenigen im Fernsehen, die sich weigerten, gut oder schlecht gelaunt zu sein. Bublath trat ungelaunt auf. Das passte zu seinen Themen: Energiepolitik, Teilchenphysik, Stammzellforschung, Relativitätstheorie. Bublath klang stets trocken, aber war es nicht. Es ist eines der wenigen Geheimnisse, die er nie erklärt hat: wie das ging. KLAUS RAAB