Etwas Glück und ein Riesentalent

FUSSBALL Beim Spiel Babelsberg 03 gegen Energie Cottbus flogen zunächst Böller. Doch dann kam es doch noch zu einem starken Kampf, den Cottbus 2:0 gewann

Exakt zwei Wochen hatten die Fans von Babelsberg 03 und Energie Cottbus auf das Aufeinandertreffen beider Vereine im Halbfinale des Brandenburger Pokal warten müssen. War der ursprüngliche Spieltermin noch Sturmtief „Niklas“ zum Opfer gefallen, stieg die Nachholpartie am Mittwochabend vor 5.200 Zuschauern bei bestem Wetter in Babelsberg.

An der sportlichen Ausgangslage freilich hatte der zeitliche Aufschub nichts geändert. Cottbus hechelt im Aufstiegsrennen weiter hinterher und ist inzwischen seit vier Spielen sieglos. Die Gastgeber dagegen haben 2015 in der Regionalliga überhaupt noch kein Spiel gewonnen, können aber spätestens seit der angekündigten Auflösung der U23 von Union Berlin auch nicht mehr absteigen. Das Team spielt also bereits seit Wochen nur noch um die sprichwörtliche goldene Ananas.

Engagierte Trainer

Im Finale gegen den Oberligisten Union Fürstenwalde am 6. Mai wären hingegen beide Mannschaften klarer Favorit; ein möglichen Pokalsieg würde die Teilnahme am DFB-Pokal und damit garantierte Einnahmen in sechsstelliger Höhe bedeuten. Geld, das wohl Babelsberg und Cottbus gut gebrauchen könnten.

Entsprechend ernst nahmen beide Trainer die Partie. „Wir haben uns vorbereitet wie vor einem Drittligaspiel“, erzählte Cottbus-Trainer Stefan Krämer. „Alles andere wäre grob fahrlässig gewesen.“ Sein Gegenüber, Cem Efe, hätte sogar mit einer Lungenentzündung das Bett hüten sollen. Doch er ließ es sich nicht nehmen, „vollgepumpt mit Antibiotika und Cortison“, wie er selbst sagte, an der Seitenlinie zu stehen und seine Spieler gewohnt engagiert anzutreiben.

Überaus ernst nahmen das Spiel auch die Fans auf beiden Seiten – einige offenbar zu ernst. Bewegte sich der Einsatz von Pyrotechnik bei den Choreografien, die die Babelsberger Ultras zu Beginn beider Halbzeiten zeigten, noch im Rahmen des Üblichen, wenn auch jenseits der Legalität, eskalierte das Geschehen Mitte der zweiten Hälfte dann zusehends. Böller flogen, vermummte Gestalten kletterten auf Zäune, und vom Gästeblock aus wurde eine Rakete in Richtung Heimkurve geschossen. Die Polizei marschierte auf, und Schiedsrichter Marco Schibull sah sich gezwungen, die Partie für mehrere Minuten zu unterbrechen.

Endlich ein Fight

Spätestens nach dem Wiederanpfiff war das Spiel dann aber auch auf dem Feld der ersehnte Pokalfight – vor allem weil Babelsberg sich endlich aus der defensiven Grundordnung löste und sein gefürchtetes Kurzpassspiel aufzog. Wiederholt kamen die Gastgeber gefährlich vor das Cottbusser Tor, doch stets war Keeper René Renno zur Stelle.

Wahrscheinlich hatten die Cottbuser Glück, dass sie bereits in der ersten Hälfte nach einem Abwehrfehler der Gastgeber das 1:0 erzielt hatten. Andernfalls wäre es wohl eng geworden, auch wenn Fanol Perdedaj kurz vor Schluss sogar noch auf 2:0 erhöhte. Und außerdem können sich die Gäste einfach glücklich schätzen, dass sie ein Riesentalent wie Tim Kleindienst in ihren Reihen haben, dessen Treffer in der 43. Minute dem Spiel die entscheidende Wendung gab.

Allzu sehr daran gewöhnen sollten sie sich in Cottbus wohl aber nicht daran. Kleindienst, der vom DFB gerade für die kommende U20-WM in Neuseeland nominiert worden ist, dürfte in der kommenden Saison wahrscheinlich eine, eher zwei Ligen höher spielen. Vor allem Mainz 05 wird Interesse an dem Lausitzer Rohdiamanten nachgesagt.

Erst einmal aber muss Cottbus am Freitag nach Duisburg reisen, wo es gilt, gegen einen direkten Konkurrenten wenigstens die Minimalchance auf den Wiederaufstieg zu wahren. Babelsberg hingegen spielt am Sonntag bei der U23 von Union – nach dem Pokalaus quasi das erste von vielen Vorbereitungsspielen für die kommende Saison und das gegen ein Team, das es dann gar nicht mehr geben wird. Vielleicht gelingt dort ja der erste Sieg in der Rückrunde. Wenn die Mannschaft wieder so stark aufspielt wie gegen Cottbus, sollte das möglich sein. JAN TÖLVA