Anarchist und Eurythmist

Seine Jungfernrede im Bundestag begann er mit den Worten: „Mein Manuskript kann ich in die Tonne treten“ – Aufmerksamkeit erzeugen kann Arfst Wagner. Das bewies der 62-Jährige auch beim Landesparteitag der schleswig-holsteinischen Grünen, als er mit einer schwungvollen Rede und schlagfertigen Antworten die Mehrheit der Delegiertenstimmen und damit den „Männerplatz“ im Vorstandsduo der Landespartei gewann. Er setzte sich gegen den Junggrünen Lasse Petersdotter und Amtsinhaber Peter Stoltenberg durch.

Wagner, der von der Insel Föhr stammt, ist Vater dreier Kinder, studierte Waldorfpädagogik und unterrichtete an Schulen in Hannover, Basel und Rendsburg. Er habe aber weit mehr Berufe, so Wagner in seiner Bewerbungsrede: So sei er als Polizist wie Krabbenfischer aktiv gewesen – seitdem kenne er sich in vielen Welten und Regionen aus. Eine davon ist Polen: Wagner engagierte sich in den 80er-Jahren in der Solidarność-Bewegung und war Mitbegründer des ersten ökologischen Bauernhofs in Polen.

Von 2012 bis 2013 entsandten ihn die Grünen, denen er seit 2004 angehört, als Nachrücker für Ingrid Nestle, die in Kiel Staatssekretärin wurde, nach Berlin: Der erste Eurythmist im Bundestag beschäftigte sich vor allem mit Bildungsfragen. Ein weiteres großes Anliegen Wagners ist das auch unter Grünen umstrittene bedingungslose Grundeinkommen. 2013 schaffte er den Wiedereinzug von Platz vier der Landesliste nicht.

In seiner Bewerbungsrede punktete er mit seinen Erfahrungen und versprach, ein Transmissionsriemen zwischen Basis, Fraktion und MinisterInnen zu sein: „Ich bin Anarchist: Der, mit dem ich grade rede, ist der wichtigste Mensch der Welt.“ Er habe eine Niederlage erwartet, gestand er nach der Wahl und vermeldete per Twitter: „Jetzt freuen. Dann Schluss mit Freude und inhaltliche Vorbereitung.“ Gemeinsam mit Vorstandskollegin Ruth Kastner muss Wagner die Landesgrünen auf den Landeswahlkampf 2017 vorbereiten – Ziel ist, weiter zu regieren.  EST