Billie Holiday in Tel Aviv

NAHOST Die beiden Israelis Irit Dekel und Eldad Zitrin setzen altbekannte Jazz-Standards mit orientalischen Instrumenten völlig neu in Szene

Die Sängerin Irit Dekel und der Multiinstrumentalist Eldad Zitrin gelten als neues Dreamteam der jungen israelischen Jazzszene. In einer so hochkarätigen Musiklandschaft wie der israelischen wird man dazu nicht ohne Weiteres erklärt, dazu braucht es schon einen großen Wurf. Und der ist dem Duo aus Tel Aviv mit ihrem Debütalbum „Last of Songs“ gelungen.

Erst beim zweiten Hinhören wird klar, dass es sich bei den 12 Songs ausnahmslos um Jazzklassiker handelt. Zum Beispiel „Bye Bye Love“, „Get Happy“ oder „Good Morning Heartache“ – alles Stücke, die schon Ray Charles, Bette Midler oder Barbra Streisand gesungen haben. „Ich hatte die Idee, Jazzstandards, also die guten alten Hits des American Songbook, neu zu interpretieren, und suchte dafür einen Produzenten“, sagt Irit Dekel, die von Berufs wegen Schauspielerin ist, doch schon ihr ganzes Leben lang gesungen hat.

So kam sie mit dem 1980 in Tel Aviv geborenen Eldad Zitrin in Kontakt, der seinerseits Jazzsaxofonist ist. Seine Sporen hat er sich als Begleiteter israelischer Stars wie Dudu Tassa oder Rita verdient und zuletzt als Arrangeur auf Idan Raichels neuem Album „Quarter to Six“.

„Anfangs hatte ich gar nicht begriffen, was Irit von mir will. Es gibt ja schon Millionen von Remakes dieser alten Hits. Und so habe ich zu ihr gesagt: Wenn wir nicht besser sind als das Original und wenn wir es nicht schaffen, dass die Songs völlig neu klingen, dann sollten wir es nicht tun“, erzählt Eldad Zitrin.

Der erste Schritt bestand in der Entscheidung, das jazztypische Saxofon wegzulassen und stattdessen eine Duduk zu integrieren, die türkische Klarinette. Dazu kam ein Kanun, eine orientalische Kastenzither. Außerdem wurde die Alaev-Familie ins Studio gelockt, eine in Israel lebende Großfamilie aus Buchara, von denen jedes Mitglied ein exotisches Instrument spielt.

Dem Eindruck, dass sie die „Good Old Songs“ nur ein wenig „israelisiert“ haben, widerspricht Irit Dekel: „Ein Instrument wie die Oud ist typisch für den Nahen Osten. Genauso die Kamanche, die iranische Stachelgeige, die ursprünglich kein israelisches Instrument war. Trotzdem denke ich, Israel ist ein Mix. Unsere Kultur ist eine Mischung. Und so ist auch unsere Musik eine Mischung aus vielem.“

Auch auf sie selbst trifft das zu. „Meine Eltern sind Immigranten aus der Ukraine“, sagt Irit Dekel, und Eldad Zitrin erzählt, dass seine Vorfahren „halb griechisch, halb polnisch“ sind.

Diese biografische Vielfalt spiegelt sich auch in dem, was die beiden Musiker ansonsten so machen. Irit Dekel betreibt mit der Frauenband Boana A’banot eine Hommage an die israelische Songwriterin Chava Alberstein.

Und zuletzt haben Irit Dekel und Eldad Zitrin bei der israelischen TV-Serie „Eifo Ata Hai“ zusammengearbeitet: Sie hatte darin eine Rolle als Schauspielerin ergattert, und gemeinsam haben sie den Titelsong komponiert und eingespielt.

Die beiden sind also in jeder Hinsicht ein Dreamteam.

JONATHAN SCHEINER

■ Irit Dekel & Eldad Zitrin: „Last of Songs“ (Pinorekk/Edel, im Juli). Konzerte: 3. 6. Bremen, 4. 6. Kiel, 5. 6. Flensburg, 6. 6. Lübeck