Für Asylsuchende nicht attraktiv

POLEN Obwohl die Zahl der Asylbewerber ständig steigt, werden nur wenige anerkannt – vor allem weil sich viele auf den Weg weiter gen Westen machen

WARSCHAU taz | Geht es nach der EU-Kommission, dann soll das Mitgliedsland Polen in den nächsten zwei Jahren rund 2.600 Flüchtlinge aus Syrien und Eritrea aufnehmen. Bei einer Bevölkerung von knapp 38 Millionen Menschen, stetem Wachstum und sinkender Arbeitslosigkeit scheint das keine allzu große Belastung zu sein. Trotzdem lehnte die Regierung in Warschau jedes Hilfeersuchen aus Brüssel vehement ab.

Dabei haben in der kommunistischen Zeit Millionen Polen Schutz und Aufnahme in anderen Ländern gefunden. Inzwischen sagte Premier Ewa Kopacz immerhin zu, dass 60 christliche Familien aus Syrien aufgenommen werden. Hintergrund: Miriam Shaded, Tochter einer Polin und eines syrischen Pastors, gründete die Stiftung Estera, um verfolgten oder bedrohten Syrern eine Zuflucht zu bieten. Sie hat Privatunterkünfte für 1.500 Menschen gefunden – und genug Geld für deren Integration.

Obwohl die Zahl der Asylbewerber in Polen ständig steigt, werden nur wenige anerkannt – vor allem weil viele Flüchtlinge sich zwar registrieren lassen müssen, wenn sie an der Grenze oder auf der Straße kontrolliert werden, sich aber dann auf den Weg weiter gen Westen machen. Dass Polen für Asylsuchende so unattraktiv ist, liegt am niedrigen Lebensstandard, mehr aber noch an der schlechten Gesundheitsversorgung und der nur mäßig funktionierenden Integration. Daher schaffen es immer wieder Asylbewerber von Polen nach Deutschland, leben dort ein halbes Jahr, werden abgeschoben – um dann wieder nach Wesen zu reisen.

Ukrainer hingegen flüchten seit dem russisch-ukrainischen Krieg zu Tausenden nach Polen. Manche wollen irgendwann zurück, manche für immer bleiben. Doch die meisten melden sich erst gar nicht als Flüchtlinge, sondern suchen sofort Arbeit und Unterkunft. GABRIELE LESSER