Raus aus der Geiselhaft des Autos

TEMPORÄRE SPIELSTRASSE

Gudvangen – hätten Sie’s gewusst? – liegt nicht zwischen Feucht- und Dürrwangen, sondern am Ende des Nærøyfjords. Der Nærøyfjord ist Norwegens schmalster Fjord, an der engsten Stelle misst er nur 250 Meter. Bei den ganzen Kreuzfahrtschiffen kann’s da schon mal eng werden.

Eng ist es auch auf Berliner Straßen, zum Beispiel der Gudvanger Straße in Prenzlauer Berg. Lauter Autos sind da geparkt, bis eine Elterninitiative die Idee hatte, den Abschnitt am Humannplatz zur temporären Spielstraße zu machen. Wenigstens einen Nachmittag in der Woche soll der Asphalt den Kleinen gehören, die sich hier kreativ austoben können und mal nicht auf genormtem Spielplatzmobiliar langweilen müssen.

Kinder gibt es in Prenzlauer Berg bekanntlich viele, Autos ebenso. Deshalb bleibt auch der Unmut nicht aus, jetzt, wo das Pankower Bezirksamt dem Wunsch der Initiative nachgekommen ist und seit dieser Woche immer dienstags die Straße sperrt, indem es ein Straßenfest anmeldet (eine Dauerlösung scheint gerichtsfest nicht darstellbar zu sein, wie man so sagt). Anwohner beschweren sich nun darüber, dass sie ihren Pkw regelmäßig umparken müssen.

Es ist eben auch im Jahr 2015 kein Leichtes, die Privilegien einer dominanten Gruppe aufzuweichen. Die der Autofahrer nämlich, die riesige Flächen nicht nur in Beschlag nehmen, um von A nach B zu gelangen, sondern um ihre dafür angeschafften Geräte abzustellen.

Sollen Sie ja auch dürfen. Aber alles spricht dafür, den öffentlichen Raum zumindest strategisch dosiert aus der Geiselhaft des Autos herauszulösen. Die Kinder aus Prenzlauer Berg sollen ruhig mitbekommen, dass man sich auch ohne Blech urban vergnügen kann. Dann können sie sich später das Geld für den Volvo sparen und ans Nordkap schippern. CLAUDIUS PRÖSSER