KIRCHE UND KRIEG
: Mut zur Utopie

Militärbischof Sigurd Rink hält einen Bittgottesdienst für den Frieden. Dazu spielt das Blechbläserensemble des Heeresmusikkorps Ulm …

Der Kirche fällt es schwer, sich von den Militärs abzugrenzen. Es fällt ihr schwer, sich in Sachen Frieden klar zu positionieren. Zu schwach ist ihre Haltung gegen den Krieg.

Dabei sind Krieg und Frieden zentrale Themen des evangelischen Kirchentags. Die Diskussionsrunde „Wenn du den Frieden willst …“ stellt etwa die Frage, welche friedenspolitische Verantwortung Deutschland in der Welt hat und wie Frieden erreicht werden kann. Auf dem Podium sitzt auch Martin Kobler. Er leitet die UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo. Erst am Vortag habe er Hubschrauber einen Angriff auf Rebellen fliegen lassen zum Schutz der Zivilbevölkerung. Ein Einsatz, bei dem Menschen getötet wurden.

Die Kirche fordert zwar mehr zivilgesellschaftliches Engagement, um Konflikte zu verhindern. Sie bleibt aber in ihrer Friedensethik den völkerrechtlichen Normen verhaftet. Dort bleibt der Einsatz von Gewalt in bestimmten Fällen legitim. Eine mutige evangelische Kirche sollte sich aber von einem durch Gewalt erkauften Frieden abgrenzen. Sie muss Raum geben auch für Radikalpositionen.

Die Kirche betont, militärischer Gewaltgebrauch sei nur zum Schutz von Menschenrechten erlaubt. Droht ein Völkermord, ein Massaker an Minderheiten, die Vertreibung ethnischer Gruppen, dann ließe sich eine militärische Intervention rechtfertigen.

Nur die Weltgemeinschaft soll über einen Einsatz entscheiden dürfen, in Form der Vereinten Nationen. Doch das Bild der UN-Missionen wandelt sich derzeit. Im Kongo hat die UNO erstmals ein offensives Mandat. Dort greifen UN-Soldaten aktiv an, ziehen in den Krieg. Spätestens hier braucht die Kirche eine Haltung, die sich von der der UNO unterscheidet.

Ist es naiv, Gewalt als letztes Mittel auszuschließen? Klar! Trotzdem braucht es diese utopische Vision – gerade unter Christen. Sonst ergeht es der evangelischen Kirche wie einst den Grünen, die ihre pazifistische Haltung im Sog der Realpolitik verloren haben. ANDREAS SCHMALTZ